Lawine © Amt für Lawinenwarnung

Wohl nirgends in der Ersten Hilfe am Berg gilt der Satz „Zeit ist Leben“ in ähnlicher Weise wie bei einer Lawinenverschüttung: Nur circa 15 Minuten Zeit bleibt uns, um unsere Kameraden zu retten. Damit dies möglichst gut geschieht, gilt nachfolgendes Schema.

von Walter Würtel für den Bergrettungsdienst im AVS (Bergeerleben 01/14)

1. Ruhe bewahren

Noch bevor wir mit der Rettung beginnen, ist es wichtig, einmal tief durchzuatmen und Ruhe zu bewahren. Nur wer nicht in Panik gerät, kann auch effizient helfen!

2. Überblick verschaffen

Gibt es weitere Gefahren, dürfen wir uns als Ersthelfer nicht zusätzlich gefährden, denn die eigene Sicherheit steht immer an oberster Stelle! Sofort legen wir mit Hilfe des Erfassungspunktes und des Verschwindepunktes den primären Suchraum fest. Dies ist jener Bereich, in dem der Verschüttete wahrscheinlich liegt.

Übersicht nach Lawine © Walter Würtel
Überblick verschaffen und primären Suchbereich festlegen © Georg Sojer

3. Kurzer Notruf

Wenn Handyempfang besteht und professionelle Rettung rasch zu erwarten ist (Flugwetter, Pistennähe, …), tätigen wir sofort einen kurzen Notruf mit den folgen Informationen:

  • Wo ist es passiert?
  • Was ist passiert?
  • Wie viele Personen sind betroffen?
  • Wie sind die Wetter- und Sichtbedingungen?

Ist rasche professionelle Hilfe nicht verfügbar oder gibt es mehr bzw. gleich viele Opfer wie Retter, beginnen wir sofort mit der Verschüttetensuche.
Da es im Alpenraum verschiedene Notrufnummern gibt, ist es nötig, sich vor Ort zu erkundigen, welche Nummer außer dem Euronotruf 112 am günstigsten ist. In Südtirol erreicht man die Landesnotrufzentrale über die Nummer 118. Natürlich muss jeder Tourengeher wissen, wie bei seinem eigenen Handy der Notruf am schnellsten gewählt werden kann.

Suchstrategie Lawine I (c) Georg Sojer
Bei der Verschüttetensuche ist es wichtig, systematisch vorzugehen. Dabei nimmt die Suchgeschwindigkeit je näher man kommt ab, dafür steigt die Suchpräzision. Sobald man ein Signal hat, wird lautstark kommuniziert, ebenso wie die Annäherung auf 10 Meter, auf 3 Meter und der Sondentreffer © Georg Sojer

4. Verschüttenensuche

Signalsuche 
In dieser ersten Suchphase wird mit Auge, Ohr und LVS-Gerät so schnell wie möglich der primäre Suchraum am Lawinenkegel abgesucht, bis das LVS-Gerät ein Signal empfängt.Grobsuche
Sie führt vom Erstsignal bis in den Nahbereich von circa drei Metern des Verschütteten. Dabei folgen wir mittels LVS-Gerät sehr rasch den Feldlinien.
Feinsuche
Spätestens ab circa drei Meter Entfernungsanzeige beginnen wir mit der Feinsuche. Durch einmaliges langsames „Einkreuzen“ wird dabei die Position des Verschütteten ermittelt. Diesen Punkt markieren wir mit der Schaufel.
Punktsuche
Beginnend bei der Schaufel sondieren wir den Bereich spiralförmig ab. Haben wir einen „Treffer“, bleibt die Sonde als Orientierung für das Ausschaufeln stecken.

5. Ausschaufeln

Wir stellen uns etwas unterhalb der Sonde hin und graben großflächig und effizient entlang der Sonde hinunter. Es müssen sich mehrere Retter dabei gut koordinieren; sie dürfen sich auf keinen Fall gegenseitig behindern.

Schaufelstrategie Lawine I (c) Georg Sojer
Beim Ausschaufeln stehen wir unterhalb der Sonde und schaufeln großflächig den Schnee weg © Georg Sojer

6. Erste Hilfe

Stets versuchen wir möglichst rasch zum Kopf des Verschütteten zu kommen, um die lebensrettenden Sofortmaßnahmen ergreifen zu können. Die wichtigste Regel dabei lautet: Sauerstoff zum Gehirn!

7. Abtransport

Der Abtransport des Verschütteten sollte idealerweise durch die Bergrettung bzw. durch professionelle Rettungskräfte erfolgen. Haben wir bis dahin noch keinen Notruf abgesetzt, machen wir das spätestens jetzt. Damit wir im Ernstfall nicht überfordert sind, sollte das Notfallmanagement regelmäßig geübt werden. Prinzipiell gilt aber immer noch, dass wir durch unser angemessenes Verhalten nicht in die Situation einer Lawinenverschüttung geraten.