„Kami(n)kaze“, Mur del Pisciadú
Erstbegehung der "Kami(n)kaze" © Simon Kehrer und Lukas Troi

Simon Kehrer und Lukas Troi gelangen am Mur del Pisciadù 9 Seillängen Im Mixed - und Eisgelände. Die beiden Bergführer tauften ihre neu gekletterte Route Kami(n)kaze, da die Eislinie über einen S-förmigen Kamin heruntergewachsen war.

Anfang Januar, als ich an meinem genialen Arbeitsplatz die Augen weit offen hielt, entdeckte ich hoch oberhalb von mir eine Eislinie, die über einen S-förmigen Kamin heruntergewachsen war. Ich knipste sofort ein Foto. Seit dem ging mir die Linie nicht mehr aus dem Sinn. Gedanken wie „Die Linie sei zu markant, die muss schon begangen sein,“ oder „hätte es überhaupt einen Sinn, sich den unteren Teil durch die Fels-Risse und Kamine hoch zu klettern?“ schossen mir durch den Kopf.
Dann habe ich alte Kletterführer durchgeblättert und – wie erahnt – war die logische Linie schon 1942 von Germano Kostner erstbegangen. Angegeben waren auch Details wie „guter Fels .- aber meist nass“. Das hat mich neu motiviert und so beschloss ich meinen Freund und Bergführer Kollege Lukas Troi einzuweihen. Er hat sich das Foto genauer angeschaut und war eigentlich sofort überzeugt, mit mir dieses neue Abenteuer anzugehen. So entstand diese neue Tour. Den Wandteil kannte ich ohnehin schon besser, da wir beide im linken Teil mehrere Touren geklettert sind. Mitunter hatte ich dort im Jahr 2013 die Klettertour Bask eröffnet.
Wir starteten um 07:00 beim Gasthaus Mesoles, stiegen zügig durch den Lujanta Wasserfall und um 09:15 steigen wir vom Wandfuß ins ungewisse los. Die Ersten 3 Seillängen klettern wir hauptsächlich im Fels mit nur gelegentlichen Einsatz unserer Eisgeräte. Es ging relativ zügig durch den kompakten Fels dahin. Ab der vierten Seillänge wurden wir einiges langsamer, da das Gelände steiler und auch schwieriger wurde. Die Absicherung war nicht immer leicht, es wäre eher besser gewesen, einige Friends doppelt zu haben …. Nach einigen originellen aber auch psychisch schweren Eis- und Felsstellen erreichten wir die letzten 3 Eisseillängen. Die Ausstiegsseillänge nach links zwischen Eis und Fels genossen wir nochmals in vollen Zügen, obwohl sich die Müdigkeit schon langsam spürbar machte. Mit viel Freude eilten wir auf das Hochplateau, wo wir um ca. 16:30 ankamen. Hier strahlten wir nochmal mit dem Sonnenuntergang um die Wette, gaben uns einen kräftigen Händedruck und beschlossen im Dunkeln durch das Setus Tal abzusteigen.
Dank der top Schneeverhältnisse waren wir ruck-zuck beim Auto und noch schneller im Gasthaus Mesoles, wo uns der Junior Chef mit einigen isotonischen Getränken und genialen Würsten stärkte.
Erstbegehung der "Kami(n)kaze" © Simon Kehrer und Lukas Troi

Routeninformationen

Zustieg:
Vom Parkplatz Pisciadú-Tridentina Klettersteig ca. 150 Höhenmeter über das Val Setus Tal aufsteigen, dann leicht absteigend nach Osten gehen, weiter bis man die markante Rinne rechts vom markanten Exner Turm emporsteigt. Ca. 50 Meter vor dem Exner Eisfall klettert man leicht rechtshaltend 60 Hm hoch bis kurz unterhalb der gelben Wand, hier quert man nochmal 40 Meter nach rechts bis zu einem markanten Riss rechts von einer Verschneidung. Die 1. Seillänge klettert man ca. 8 Meter hoch, wo sich der erste Bohrhaken der Tour „Sette giorni senza fumo“ befindet, dann rechts die Verschneidung folgen, wo rechts eine Sanduhr gefädelt ist und weiter bis zum 1. Stand der Route.
Lawinengefahr beachten!
Schwierigkeit:

M7 WI6

Länge:

480 Klettermeter

Seillängen:

9 Seillängen

Ausrüstung:

Komplette Eisausrüstung, zusätzlich 5-6 Haken, Serie Totem Friends (gelb und grün doppelt), 10-12 Eisschrauben, 12 Expressen

Absicherung:

Standplätze mit Bohrhaken eingerichtet

Detailbeschreibung:
1. Seillänge 50 m:
M 5 1 Bohrhaken 1 Sanduhr ( Stand 2 Bohrhaken )
2. Seillänge 45 m:
M 4/4+ 1 Sanduhr ( Stand auf Felskopf )
3. Seillänge 35 m:
M5+ (Stand 1 Haken)
4. Seillänge 60 m:
WI6 M6+ 1 Haken bald oberhalb ( Stand 2 Sanduhren und 1 Haken )
5. Seillänge 50 m:
M5 1 passage durch enges Felsloch ( Stand an Friend und Eis )
6. Seillänge 30 m:
WI6 M7 1 Haken nach ca. 10 meter (Stand gelber Totem und Eis)
7. Seillänge 45 m:
WI 5 (Stand im Eis oder rechts Felskopfkopf)
8. Seillänge 30 m:
WI 5 (Stand im eis)
9. Seillänge 30 m:
WI5 M4 (Stand auf Felskopf)

 

Abstieg:

Vom Ausstieg Richtung Süd/Westen auf eine Höhe von 2609 Meter aufsteigen, nun nicht den Sommer Abstieg wählen sondern besser etwas weiter zum Setus Tal queren und nun diese Rinne absteigen bis zum Parkplatz. Oder die Tour selbst einrichten zum abseilen.

Erstbegeher:

Lukas Troi & Simon Kehrer am 15.01.2020