Altenburger Wald © HPV

In den Gemeinden Kaltern und Tramin sollen sechs zum Teil riesige Speicherbecken mit einem Gesamtvolumen von 336.000 Kubikmetern für die Bewässerung im Obst- und Weinbau gebaut werden – und zwar mitten in einen wertvollen Buchenwald in Altenburg und im Landschaftsschutzgebiet Montiggler Wald auf Flächen, die der Allgemeinheit gehören. Angesichts der enormen Ökosystemleistungen, die diese Wälder uns allen bringen, sollte das Projekt dringend überarbeitet und alternative Standorte für eventuelle Speicherbecken außerhalb des Waldes gesucht werden.

Bozen, 21. März 2024

Pressemitteilung von Verein für Kultur und Heimatpflege Kaltern, AVS-Sektion Kaltern, Umweltgruppe Kaltern, Initiativgruppe „Unser Wald“, Heimatpflegeverband Südtirol, Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Alpenverein Südtirol

Der Tag des Waldes am 21. März soll nicht nur die Bedeutung von Wäldern als Lebensraum für Flora, Fauna verdeutlichen, sondern auch deren wirtschaftlicher, gesundheitlicher, kultureller und sozialer Nutzen für die gesamte Menschheit. Klimaexperten weisen immer wieder darauf hin, dass Waldgebiete, vor allem gesunde Mischwälder in niedrigen und mittleren Lagen, eine zentrale Rolle als CO2-Senken spielen. Noch viel wichtiger sind sie aber als Feuchtigkeits- und Temperaturregulatoren für die Resilienz der landwirtschaftlichen und bewohnten Gebiete gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels, wie zum Beispiel Extremwetterlagen. So konstatiert auch der Klimaplan Südtirol 2040 „die generelle Notwendigkeit, die  Bereitstellung von zentralen Ökosystemleistungen zu sichern“.
Auch für die Biodiversität sind die Wälder enorm wichtig, vom Erholungswert für Touristen und Einheimische ganz abgesehen. Gerade die Altenburger Wälder mit dem hier verlaufenden Friedensweg sind überaus beliebte Wander- und Naherholungsgebiete für Einheimische und Touristen.

Das Projekt

Insgesamt sechs Speicherbecken sieht das Projekt in Kaltern und Tramin vor, drei oberirdisch und drei unterirdisch. Die vier Becken in Kaltern, für die das Verfahren zur Bauleitplanänderung per Gemeindeausschussbeschluss bereits eingeleitet wurde, sollen laut technischem Bericht knapp 15 Hektar Wald „besetzen“. Die beiden größten Becken „Rastenbach“ in Altenburg, direkt angrenzend an das Biotop Rastenbachklamm und „Feld“ im  Landschaftsschutzgebiet Montiggler Wald, haben ein Fassungsvermögen von 135.000 m³ bzw. 99.000 m³ und Dammhöhen von mehr als zehn Metern. Damit übertreffen sie die Größe bereits bestehender Speicherbecken in der Gegend, wie zum Beispiel die Becken „Sattlrain“ in Montiggl und jenes in Perdonig um ein Vielfaches.

Altenburger Wald © Horst Palla

Offene Fragen

Eines der Ziele des Speicherbecken-Projekts ist laut Gemeindeausschussbeschlüssen der „Schutz des Kalterer Sees und des Kalterer Grabens“. Um dieses Ziel zu erreichen soll in Zukunft für die Bewässerung kein Wasser mehr aus dem See und dem Graben abgeleitet werden, sondern aus den geplanten Speicherbecken. Allerdings fehlen in dem Projekt genaue Informationen dazu, wieviel Wasser derzeit dem Kalterer See entnommen wird. Basis für die Bedarfserhebung und für die Berechnung des geplanten Speichervolumens ist die „Studie zur Optimierung der Wasserverteilung für verschiedene Zwecke im Raum Überetsch“ aus dem Jahr 2011. Aktuell erhobene Zahlen werden in den Projektunterlagen ebenso wenig berücksichtigt wie die Auswirkungen auf die Ökosystemleistungen des Waldes, auf Flora und Fauna, auf das Mikroklima, auf die Nutzungsrechte der Kalterer Bürger  sowie auf das Landschaftsbild. Offen bleibt in dem Projekt auch, wie genau die riesigen Speicherbecken befüllt werden sollen, ohne den Wasserhaushalt der angrenzenden Gebiete, wie zum Beispiel des Biotops Rastenbachklamm, massiv zu beeinträchtigen.
Auch die Finanzierung des Projektes bleibt unklar. Zwar wurden im „Piano nazionale invasi“ Gelder vorgemerkt, doch der Fond sieht nur eine Teilfinanzierung der eingereichten Projekte vor, woher der Rest kommen soll ist unklar.

„Ganzheitliches Konzept des Wassermanagements“

Die Bedenken besorgter Bürgerinnen und Bürger und der Umwelt- und Alpinverbände angesichts des massiven Landschaftseingriff haben indessen bereits gefruchtet: Der Gemeinderat hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, in der auch der Alpenverein, die Umweltgruppe und der Heimatpflegeverein Kaltern vertreten sind. Eines der Ziele der Arbeitsgruppe ist laut Beschluss ein „ganzheitliches Konzept des Wassermanagements“. Wenn dieses Ziel ernst gemeint ist, müssen die bereits getroffenen Gemeindeausschussbeschlüsse für die geplanten Standorte zurückgenommen, ein nachhaltiges Wassermanagementkonzept auf der Basis von aktuellen und unabhängigen Gutachten erarbeitet und die Kalterer und Traminer  Bürgerinnen und Bürger in einem Partizipationsprozess informiert und beteiligt werden. Nur so kann ein sinnvolles Bewässerungskonzept umgesetzt und die einzigartigen Wälder in Altenburg und Montiggl mit ihren unersetzlichen Ökosystemleistungen für die kommenden Generationen erhalten  werden.