ALPINIST: Alpines Mixedklettern / Erstbegehungen im Ahrntal

Erstbegehungen im Ahrntal

Winterbergsteigen: Die Königsdisziplin des Alpinismus! In dieser faszinierenden Spielform konnten sich 6 junge motivierte Alpinisten im Fels, Schnee und Graspölstern austoben. Steile Verschneidungen, Platten und Risse hinderten sie nicht an der unberührten Nordwand des Rauchkofels im Ahrntal 4 Erstbegehungen zu machen.
Die Bilder zeigen die große Herausforderung denen sich die Teilnehmer stellten. Mit dem Bericht von Walter Pfeifer können auch wir uns nun in der warmen Stube in das Abenteuer der Alpinisten hineinversetzen.

Winterbergsteigen. Sofort hat man Bilder großer Wände in den Westalpen, oder klettern bei Sturm und Kälte in Schottland im Kopf. Möglichkeiten, um sich auf genau solche Abenteuer vorbereiten zu können gibt es bei uns nicht viele. Lukas Troi und Veit Bertagnolli machten eine Solche Wand am Klausberg, im hinteren Ahrntal aus. Genauer gesagt in der Nordwand des Rauchkofels, welche noch komplett unberührt war. Lediglich am rechten Rand zieht eine bestehende Kletterroute hoch. Ihre Idee war es zusammen mit uns, den Teilnehmern am Projekt Alpinist, neue, gut abgesicherte Linien durch diese, im Sommer brüchige Wand zu legen. 

 

Alpinist - Alpines Mixed Klettern

So starteten wir schließlich Anfang Dezember aufgeteilt in drei Seilschaften zusammen mit Veit und Lukas Richtung Rauchkofel. Schwer bepackt ging es zuerst mit dem Lift zur Bergstation, und von dieser per Skier zur bereits gut einsehbaren Wand. Während dem Zustieg wurden mögliche Linien diskutiert und den drei Seilschaften zugeteilt. Samuel und Simon tat es eine Steile Verschneidung in der Wandmitte an, Lukas und Manuel nahmen einen Riss oberhalb unseres Materialdepots in Angriff, und Mike und ich versuchten über ein System aus Rampen und Platten an Höhe zu gewinnen. Veit und Lukas standen uns derweil am Wandfuß beratend zur Seite. 

 

Mit Bohrmaschine, Bohrhaken, Friends, Hammer und Haken bewaffnet nahm Michael die erste Seillänge in Angriff. Meter um Meter wühlte er sich durch den Schnee, um im darunterliegenden Fels mit Pickel und Steigeisen Halt zu finden. Schon bald hörte man den Bohrer surren, was die Situation um einiges entspannter machte. Hier profitierten wir vom Workshop zum Erschließen neuer Touren mit Simon Kehrer, welchen wir einige Wochen zuvor besucht hatten. So ging es langsam aufwärts, wobei Mike einige der Bohrhaken sogleich auf ihre Festigkeit prüfte😉 

 

Ordentlich durchgefroren vernahm ich „Stand!“ und konnte es kaum erwarten der Kälte zu entfliehen. Mit klammen Fingern oben angekommen übernahm ich die Führung, um weiter ins unbekannte Gelände vorzustoßen. Die Zeit war inzwischen wie im Flug vergangen und es begann bereits zu dämmern. Wir seilten ab und fuhren zusammen mit den anderen im Schein unserer Stirnlampen zurück ins Tal.

Der nächste Morgen begrüßte uns mit 20 Zentimeter feinstem Pulverschnee. Der Traum eines jeden Skifahrers war uns eher ein Graus. Beim Zustieg zur Wand wurde schnell klar, dass wir heute unsere Linien nur mühsam voranbringen würden. Deshalb entschloss sich ein Teil der Gruppe mit Skier Richtung Gipfel aufzusteigen, um den Abstieg zu erkunden. Mike und ich hingegen machten uns erneut an unsere erste Seillänge, um die Absicherung zu verbessern. Wenig später trafen wir uns alle wieder in der warmen Skihütte. 

Der Montag sollte zu einem Schlüsseltag unserer Linie werden. In der zweiten Länge war ich zu weit nach rechts geklettert, und endete in einer Sackgasse. Mike ließ mich ab. Nun versuchte ich über eine glatte, mit Schnee gefüllte Rampe zurück in Richtung Wandmitte zu queren, von wo aus der Weg nach oben hin frei schien. Nach mühevoller Kletterei durch die Rampe traf ich auf Simon, welcher soeben die Steile Verschneidung, und somit die Schlüsselstelle ihrer Tour bezwungen hatte. Mike kam nach schier endlosem Warten am Stand nach. Er führte sogleich die nächste Länge fort, richtete den Stand ein und wir seilten in der Dämmerung ab. 

 

Manuel und Lukas konnten an diesem Tag bereits den Gipfel erreichen und somit die Erstbegehung von „Warm Up“ vollenden. Sie richteten noch zwei Abseilstellen ein, durch welche der Abstieg zum Materialdepot verkürzt wurde. Zufrieden über diesen Teilerfolg ging es für uns erstmal wieder zurück in den Arbeitsalltag.

Zwei Wochen später kehrten wir, bei Kaiserwetter und milderen Temperaturen zurück – fest entschlossen den Gipfel noch am selben Tag zu erreichen. Manuel und Lukas hingegen wagten sich an eine neue Linie, die einem steilen Riss durch eine große Platte im linken Wand Teil folgt.

Über die belassenen Seile konnten wir schnell unseren vorherigen Umkehrpunkt erreichen. Gut aufgewärmt startete ich in die nächste, vielversprechend aussehende Länge. Über Risse und Grasbüschel ging es in herrlicher Kletterei 40 Meter nach oben, wo ich unterhalb einer gut sichtbaren roten Platte Stand bezog. Mike folgte, doch sein Kletterfluss geriet schon bald ins Stocken. Er hatte eines seiner Eisgeräte unerreichbar in einen bodenlosen Felsspalt versenkt. Mit Hilfe des Verbliebenden kämpfte er sich weiter zu mir hoch. Was soll´s, Materiaübergabe und weiter geht’s. Ein weit ausladendes Dach versperrte uns den geraden Weg nach oben, weshalb Mike gezwungen war nach rechts auszuweichen. Bald verschwand er über eine knifflige Stelle mitsamt meinen Eisgeräten ums Eck. Gespannt beobachtete ich, wie dass Seil immer schneller durch meine Hände lief. Auf das Kommando „Stand“ folgte das klimpern der Eisgeräte, welche Mike am Seil zu mir herabließ.  Ich konnte bereits Gipfelluft riechen und stieg voller Freude nach. Und tatsächlich, wenig später vielen mir die ersten wärmenden Sonnenstrahlen ins Gesicht, wir hatten den Gipfelgrat erreicht. Über zwei bereits bestehende Seillängen ging es unschwierig weiter zum Gipfelkreuz, wo Lukas und Veit uns zur Vollendung von „Lost Nomic“ gratulierten. Manuel und Lukas waren erneut erfolgreich gewesen und konnten die Linie „Superjutta“ über zwei Seillängen fertigstellen. Samuel und Simon hatten den Gipfel bereits vor uns erreicht und stießen derweil bei wohltuendem Glühwein auf ihre Erstbegehung „Herzbeben“ an. Zusammen ließen wir den erfolgreichen Tag mit Erzählungen über das Erlebte und dem ein oder anderen weiteren Glas ausklingen.

Die letzten Meter zum Gipfel – im Westen die untergehende Sonne, gegenüber der aufsteigende Mond, dazu leuchtende Farben am Himmel – dieses Bild hat sich in meinen Kopf eingebrannt, und ließ die vergangenen Tage zu einer für mich unvergesslichen Erinnerung werden.

Ein großer Dank gilt den beiden Bergführern Lukas Troi und Veit Bertagnolli, welche uns mit ihrem feinen Spürsinn hoch motiviert durch die Wand lotsten. Sie schenkten uns großes Vertrauen, was die Vorrausetzung für das Gelingen dieser Aktion war.

Routeninformationen

Übersicht:

Grün: Superjutta (M6+)

Blau: Warmup (M5+)

Gelb: Herzbeben (M6)

Rot: Lost Nomic (M6)

Anfahrt: Parkplatz Skigebiet Klausberg im Ahrntal

Zustieg: Unter Verwendung der Aufstiegsanlage des Skigebietes Klausberg erreicht man die Bergstation (Klaussee II – K2 ) auf 2.500 hm. Von dort ist die Wand gut sichtbar und der Zustieg, der nach einer kurzen Abfahrt über die Skipiste (ca. 100hm) durch freies Skigelände erfolgt, gut zu erkennen (20 Minuten). Es empfiehlt sich die Skitourenausrüstung (einschließlich Schaufel, Sonde und LVS-Gerät) zu verwenden, damit man nach der Tour über die Pisten des Skigebietes Klausberg bis in das Tal abfahren kann. Der Zustieg und die Abfahrt erfolgen über steile Hänge außerhalb des Skigebietes, weshalb die Lawinensituation zu beachten ist.

Abstieg: Vom Gipfel steigt man Richtung Osten zu einer kleinen Scharte mit einem Steinmann ab (ca. 50 hm). Hier beginnt die Abseilpiste (Siehe Topo). Vom Depot am Wandfuß gelangt man zuerst über freies Skigelände und dann über die Skipiste bis zum Parkplatz an der Talstation des Skigebietes Klausberg.

Günstige Zeit für Wiederholungen: Gesamter Winter, während der Öffnungszeiten des Skigebietes. (Die Wand ist auch auf einer Webcam des Skigebiets Klausberg gut zu sehen).

Links „Superjutta“ M6+

Erstbegeher: Lukas Daverda und Manuel Lutterotti

Exposition: Nord

Zeit: 2-3h

Länge: 2 Seillängen / 100m

Material:

  • 2 x 60m
  • 10 Expressschlingen,
  • 1 Satz Friends
  • Eventuell Hammer und Haken

Charakter: Kurze und knackige Mixedkletterei in gutem Fels. Es wird die abweisende und steile Felsplatte im linken Wandteil über eine geniale und logische Routenführung durch den gut ersichtlichen halbmondförmigen Riss erklettert. Die Schlüsselseillänge ist gut mit Bohrhaken abgesichert. Mobile Sicherungsmittel lassen sich auch unterbringen.

Rechts „Warmup“ M5+

Erstbegeher: Lukas Daverda und Manuel Lutterotti

Exposition: Nord

Zeit:  3-4h

Länge: 4 Seillängen / 200m

Material:

  • 2 x 60m
  • 10 Expressschlingen,
  • 1 Satz Friends
  • Eventuell Hammer und Haken

Charakter: Schöne Mixedkletterei in gutem Fels, die in direkter Linie bis unter den Gipfel führt. Die Schlüsselstelle führt durch eine steile Platte mit Anfangs guten Hooks, die nach oben hin immer schlechter werden. Besonders schöne Kletterstellen mit einer heiklen Schlüsselstelle weist die erste Seillänge auf. Die schwierigen Kletterstellen sind mit Bohrhaken gut abgesichert. Mobile Sicherungsmittel lassen sich in den leichteren Abschnitten gut unterbringen.

„Herzbeben“ M6

Erstbegeher: Samuel Holzknecht und Simon Messner

Exposition: Nord

Zeit: 4-5h

Länge: 6 Seillängen / 250m

Material:

  • 2 x 60m
  • 10 Expressschlingen,
  • 1 Satz Friends
  • Eventuell Hammer und Haken

Charakter: Abwechslungsreiche Mixedkletterei. Es wechseln sich heikle Plattenpassagen und steile Wand- und Verschneidungskletterei ab. Der solide Fels, die perfekte Rissverschneidung der dritten Seillänge und der steile Wandriegel der vorletzten Seillänge lassen jedes Kletterherz höherschlagen. Die schwierigen Kletterstellen sind mit Bohrhaken abgesichert. Mobile Sicherungsmittel lassen sich in den leichteren Abschnitten gut unterbringen. Bei Neuschnee können sich die heiklen Plattenpassagen als sehr anspruchsvoll erweisen.

„Lost Nomic“ M6

Erstbegeher: Walter Pfeifer und Michael Unterthiner

Exposition: Nord

Zeit: 4-5h

Länge: 7 Seillängen / 300m

Material:

  • 2 x 60m
  • 10 Expressschlingen,
  • 1 Satz Friends
  • Eventuell Hammer und Haken

Charakter: In eleganter Linienführung überwindet diese Routen den zentralen Wandteil. Die Kletterei wartet mit heiklen Plattenpassagen und steiler Wand- und Verschneidungskletterei auf. Alle Seillänge bieten abwechslungsreiche und sehr lohnenswerte Kletterei in gutem Felsen. Die schwierigen Kletterstellen sind mit Bohrhaken abgesichert. Mobile Sicherungsmittel lassen sich nur in den leichteren Abschnitten einsetzten. Bei Neuschnee können sich die heiklen Plattenpassagen als sehr anspruchsvoll erweisen.  

Mit freundlicher Unterstützung von

  • Assibroker
  • Panorama Diffusion
  • Maxim Ropes
  • Skylotec
  • Vaude
  • Meindl