© IDM Südtirol-Alto Adige, Matt Cherubino

Mountainbiken boomt – und das bei allen Altersgruppen. Doch wer kennt die korrekte Grundposition beim Biken … wer beherrscht das richtige Bremsen, um nicht zu stürzen und den Untergrund zu schonen? Wer kennt die Tricks, die man beim e-Bike berücksichtigen sollte?

Aus diesen Überlegungen heraus haben sich nicht nur die Südtiroler Bikeguides auf Fahrtechnikkurse spezialisiert, sondern organisiert auch der AVS für seine Mitglieder Kurse. Einige grundlegende Tipps haben uns Hannes Silbernagl und Katharina Avi der Südtiroler Bikeguides zur Verfügung gestellt. Diese 6 Tipps sind ein kleiner Textauszug aus dem neuen Lehrplan „Fahrtechnik“, den die beiden erarbeitet haben. In diesem Lehrplan finden sich nicht nur hilfreiche Tipps, sondern auch anschauliche Übungen. Ergänzend dazu lassen sich die Inhalte in Fahrtechnikkursen gemeinsam vertiefen, wo man lernt, sein Bike souverän zu beherrschen und sicher unterwegs zu sein. Am effektivsten ist jedoch die Kombination aus beidem: einem Fahrtechnikkurs und dem Buch zum Selbststudium.

Mit dem Handballen und vollem Gewichts einsatz sollte sich der Reifen ca. 1 cm eindrücken lassen © Hannes Silbernagl

Luftdruck richtig einstellen

Die Frage nach dem idealen Reifendruck lässt sich nicht pauschal beantworten. Der richtige Luftdruck hängt von mehreren Faktoren ab, wobei das Fahrergewicht eine zentrale Rolle spielt. Ein Radler mit 100 kg benötigt mehr Reifendruck als ein 30 kg schweres Kind. Darüber hinaus beeinflussen die Reifenstruktur, ob Tubeless-Reifen verwendet werden, Reifeninserts und der jeweilige Einsatzzweck den benötigten Druck. Wir empfehlen folgende Methode zu verwenden: mit der Handkante wird mit vollem Körpergewicht auf den Reifen gedrückt, sodass er sich etwa 1 cm verformt. Dies sorgt dafür, dass kleine Unebenheiten wie Steine direkt vom Reifen abgefedert werden, was den Grip und die Lauf ruhe verbessern.

Grundposition auf dem Bike

Eine zentrale Körperposition mit locker gestreckten, aber nicht überstreckten Armen und Beinen ist die Ausgangsbasis für alle weiteren Manöver wie Kurvenfahrten, Bunny Hopps oder das Überwinden von Hindernissen. Die Technik „Hintern zurück“ ist mit heutigen Bikes obsolet und kann sogar gefährlich sein. 2 Hauptfaktoren haben die moderne Ausgangshaltung beim Biken stark verändert:
Bike-Geometrie: Der Lenkwinkel ist bei modernen Bikes flacher geworden, wodurch das Vorderrad weiter nach vorne wandert. Um dennoch genügend Druck auf das Vorderrad zu bekommen, ist eine zentrale Körperausrichtung essenziell.
Versenkbare Sattelstütze: Diese bietet Spielraum, um den Körperschwerpunkt optimal nach oben, unten, vor und zurück zu verlagern.

Bei der Grundposition stehen die Tretkurbeln waagrecht, sodass das Körpergewicht gleichmäßig auf beiden Beinen verteilt ist. Arme und Beine sind gestreckt, aber nicht überstreckt, der Körperschwerpunkt ist über dem Tretlager
E-Bike-Stufen und Schiebehilfe sind mit der Steuerung am Lenker einstellbar

E-Bike-Stufen

Viele Radfahrer setzen sich nicht ausreichend mit der Technik ihres E-Bikes auseinander, was oft zu Unzufriedenheit mit dem Bike, geringerer Akkuleistung oder sogar zu technischen Defekten führen kann. E-Bikes bieten verschiedene Stufen, die je nach Bedarf zugeschaltet werden können, um mehr oder weniger Unterstützung durch den Motor zu erhalten. Diese
Stufen lassen sich grundsätzlich in 2 Kategorien unterteilen: lineare (einfache) Stufen und dynamische (intelligente) Stufen. Lineare Stufen wie „Eco“ oder „Turbo“ bieten eine fest definierte Unterstützung. „Eco“ liefert eine leichte Unterstützung und schont dabei den Akku, während „Turbo“ die volle Leistung des Motors abruft, was sich besonders bei steilen Anstiegen bemerkbar macht. Diese Stufen bleiben in ihrer Intensität konstant, unabhängig davon, wie viel Kraft der Fahrer selbst aufbringt. Dynamische Stufen wie „Tour+“ oder „EMTB“ passen die Unterstützung automatisch an die jeweilige Fahrsituation an. Das bedeutet, dass der Motor z. B. mehr unterstützt, wenn der Fahrer einen steilen Anstieg hochfährt und weniger, wenn er auf flachen Wegen fährt. Dadurch wird immer genügend Kraft bereitgestellt, ein natürlicheres Fahrgefühl erreicht und gleichzeitig der Akku geschont.

Sicher und wegschonend bremsen

Beim Bremsen ist es wichtig, die Räder nicht zu blockieren. Ein blockiertes Rad ist nicht mehr steuerbar. Rutschende Hinterräder sind zudem ein Zeichen mangelnder Fahrtechnik, verschleißen rascher und zerstören Wege und Trails. So gilt es, auf Trails oder im Gelände Bremsspuren absolut zu vermeiden. Erstens sind sie ein Bremsfehler, da sie den Bremsweg verlängern, nicht verkürzen. Zweitens ist eine Bremsspur nichts anderes als ein kleiner Graben, der bei jedem Regen weiter ausgespült wird, was dann in kurzer Zeit zu lästigen und gefährlichen Spurrinnen führt. An den richtigen Bremsvorgang sollte man sich langsam herantasten. Die effektivere Bremse ist die vordere. Beim Bremsen liegen nur die Zeigefinger leicht angespannt am äußersten Punkt der Bremshebel, mit dem letzten Gelenk der Zeigefinger. Die anderen Finger umfassen den Lenker. 70 % bis 80 % der Bremskraft liegt durch das Gefälle und der Massenträgheit bei der vorderen Bremse. Die Gefahr eines Überschlages besteht dann, wenn wir beim Bremsen die Hüfte (Körperschwerpunkt) nach vorne fallen lassen. Um dieser Masseträgheit entgegenzuwirken, ist es wichtig, beim Bremsen immer die Hüfte gerade nach unten zu senken und mit langen Armen gegen den Lenker zu drücken. Um effektiv und gezielt bremsen zu können, braucht es sehr viel Übung und Erfahrung. Je nach Beschaffenheit des Untergrunds, Witterung und Material ändert sich das nötige Bremsverhalten. In Fahrtechnikkursen wird auf diesen Aspekt besonders viel Wert gelegt.

Die Grundposition und Position beim Bremsen: Einfachheit ist oft Trumpf. Es ist ausreichend, beide Bremsen kontrolliert zu drücken und die Hüfte gerade nach unten abzusenken (Schwerpunkt)
Schwerpunkt etwas nach vorne, Ellbogen angelegt, richtige Gangwahl und Unterstützungsstufe; so lassen sich auch steile Anstiege gut meistern

Uphill beherrschen und genießen

Einen Berg hinauffahren – das regelrecht zu genießen, war vor E-MTB-Zeiten nur den besten Ausdauersportlern vorbehalten. Mit dem Aufkommen der E-MTBs wurde ein neues Kunstwort erschaffen: „Uphillflow“, was technisch Bergauf-Fahren bedeutet. Beim Uphill haben wir 2 Situationen, die es zu vermeiden gilt: Zum einen kann es passieren, dass die Front steigt und man zur Seite oder nach hinten absteigen muss. Zum anderen kann das Hinterrad durchdrehen, man verliert den Schwung und muss wiederum absteigen. Mit einigen Tipps und etwas Übung kann man bald diese beiden Situationen kontrollieren und Uphill sogar genießen.
Was tun, damit das Vorderrad nicht steigt? Dieses Problem entsteht häufig, weil beim kräftigen Treten das Gefühl entsteht, sich festhalten zu müssen. Dadurch wird der Lenker unbewusst nach oben gezogen. Um dem entgegenzuwirken, werden die Ellbogen dicht an die Rippen angelegt, sodass sich der Lenker nur noch nach hinten ziehen lässt. Auf diese Weise bleibt das Vorderrad am Boden, und eine geradlinige Fahrweise wird erleichtert.
Und was tun, damit das Hinterrad nicht durchdreht? Um ein Durchdrehen des Hinterrads zu vermeiden, empfiehlt es sich, den Körperschwerpunkt weiter nach vorn zu verlagern. Denn je steiler der Anstieg wird, desto stärker wandert dieser nach hinten, sodass das Hinterrad schließlich durchdrehen kann. Zur Korrektur wird empfohlen, die Sitzposition auf dem Sattel schrittweise zu verändern, indem die Sitzknochen jeweils um etwa 2 cm nach vorn rutschen. Beim Treten lässt sich dann prüfen, ob genügend Traktion vorhanden ist. Falls nicht, kann die Position so lange weiter nach vorn verlagert werden, bis ausreichend Traktion spürbar ist oder die Sattelnase erreicht wird.
Wie sieht die optimale Sitzhöhe bergauf aus? Da beim Biobike die gesamte Kraft aus den Beinen stammt, ist eine optimale Sattelhöhe besonders wichtig. Beim E-Bike hingegen liefert v. a. der Motor den Großteil der Leistung, weshalb beim Uphill auch eine niedrigere Sitzposition gewählt werden kann, ohne weit nach vorne rutschen zu müssen.

Wheelie – nicht nur ein Trick für die Jugend

Wheelie ist ein beliebter „Eisdielentrick“: Er ist einfach cool, und deshalb v. a. bei den jungen Bikern beliebt Es ist aber auch ein hilfreicher Trick, den man beherrschen sollte, um Hindernisse zu überwinden (Stufen, Gehsteige usw.). Der Sattel ist leicht abgesenkt, sodass eine stabile Position über dem Bike eingenommen wird. Die Schultern befinden sich über dem Lenker (Druck auf die Vordergabel), das Pedal steht in der 11- bzw. 1-Uhr-Position. Gleichzeitig wird mit voller Kraft ins Pedal getreten (kein Turbo-Modus): Beim E-Bike sollte man einen dynamischen Modus (Tour+ oder EMTB) wählen, damit der Motor gut auf den Pedaldruck reagiert, während die Schultern nach hinten schnellen. Durch den Schub über das Pedal und den Zug am Lenker nach hinten braucht es insgesamt wenig Kraft, um das Vorderrad anzuheben. Die Arme bleiben gestreckt, die Schultern konstant weit hinten. Um nun das Vorderrad oben zu behalten, also den Sweet-Spot zu halten, bleiben die Arme gestreckt und die Schultern konstant weit hinten. Reguliert wird über die hintere Bremse und das Treten. Deswegen bleibt ein Finger immer auf dem hinteren Bremshebel. Zum Schluss müssen noch die Knie das Abfallen nach links oder rechts ausgleichen.

Am linken Bild sieht man deutlich die komprimierte Federgabel. Mit dem Pedal kurz nach der höchsten Stelle können wir den größtmöglichen Kraft-Input geben, um das Vorderrad anzuheben

Hannes Silbernagl arbeitete nach seinem Studium als Sport- und Informatiklehrer an Südtiroler Schulen, bevor er 2017 seine eigene Bikeschule gründete. Seit 2019 leitet er geschäftsführend die Vereinigung der Südtiroler Bikeguides; gemeinsam mit deren Ausbildnern entwickelte er eine umfassende Fahrtechniktrainer-Ausbildung.

Katharina Avi ist diplomierte Informatikerin. 2017 absolvierte sie die Ausbildung zum Südtiroler Bikeguide, 2022 schloss sie die Fahrtechniktrainer- Ausbildung ab. Katharina arbeitet als Trainerin und in der Bikeschule ihres Mannes Hannes.

Lehrbuch der Südtiroler Bikeguide Autoren:
Katharina Avi, Hannes Silbernagl
Erscheint im Frühjahr 2025

ISBN 979-12-210-8438-2