Pressekonferenz am 28. September in der AVS-Landesgeschäftsstelle © Miriam Federspiel

Vor der Landtagswahl warnen Alpin- und Umweltvereine vor einer weiteren Zerstörung der Bergwelt. Technische Kunstbauten, immer mehr Aufstiegsanlagen und Schutzhütten und die Ausbeutung der Natur bedrohen unser Land und die große Ressource Landschaft.

Bozen, 28. September 2023

Pressemitteilung

Über die Auswirkungen der Klimaveränderungen, die gefährlichen Felsstürze und die Situation in einigen Hotspots in den Dolomiten wurde in den vergangenen Wochen wiederholt in in- und ausländischen Medien berichtet. „Overtourismus in Südtirol“ oder „Dramatisch: Südtirols Berge bröckeln und fallen zusammen“ lauteten zum Beispiel die Schlagzeilen. Die Medienkampagne zum Schutz der Alpen, das Manifest „Mehr Respekt für den alpinen Raum“ und eine gemeinsame Pressekonferenz der Alpenvereine am Sellajoch Anfang August trugen zu einem erheblichen Medienecho bei, wie z.B. Münchner Merkur, Frankfurter Rundschau, BR, DHN – Die Heutigen Nachrichten.

Deshalb erinnern AVS, CAI, Dachverband für Natur- und Umweltschutz sowie der Heimatpflegeverband kurz vor der Landtagswahl die künftigen politischen Vertreter:innen daran, dass unsere Berge unverbaut schön sind. Für einen vermeintlich qualitativ hochwertigen Tourismus werde das Land verschandelt, sagte AVS-Präsident Georg Simeoni. „Die hemmungslose Entwicklung hat die Alpen bereits teilweise zu einem Disneyland verkommen lassen“, so Simeoni. „Es werden Installationen, wie zum Beispiel Aussichtsplattformen auf Berggipfeln genehmigt und gebaut“. Der Druck auf das alpine Umfeld wird immer größer, der Respekt vor der Natur immer kleiner. Die Berge werden zu einer Sportarena mit Funparks, Hochseilgärten und Downhillstrecken oder Bobbahnen auf Stahlgestellen, beschreibt Simeoni die in seinen Augen widersinnige Entwicklung. Für ihn sind „die Berge schön, so wie sie die Natur uns schenkt“.

Schutzhütten sind keine Hotels

Unnötige Bauten und Erweiterungen sind auch bei den Schutzhütten auf den Bergen zu beobachten. Carlo Buglio, Mitglied in der CAI-Kommission Hütten, kritisiert den Umbau von Schutzhütten in Hotels und Ressorts. „Seltsamerweise handelt es sich dabei um private und neuere Schutzhütten, die dadurch die wahre Bedeutung des Wortes ‚Schutzhütte‘ verfälschen. Sie wecken falsche Erwartungen bei den Gästen, die dann in den echten Schutzhütten den gleichen Service erwarten“. CAI und AVS bemühen sich bei ihren Schutzhütten die bergsteigerische Funktion zu erhalten: es geht um eine Unterkunft bei langen Bergtouren. Den Bergsteigern gehe es vor allem um das Bergerlebnis an sich und darum, die Stille, die Natur und die Entschleunigung in den Berge zu genießen.

So wie bei den Bauten lässt sich auch beim Verkehr ein immer Mehr beobachten. HPV-Geschäftsführer Florian Trojer beschreibt die Situation in den Sommermonaten: „Der Druck auf die Dolomiten- und anderen Gebirgspässe ist enorm. Eine Auto-, Camper- und Motorradlawine wälzt sich jeden Tag über die schmalen Straßen. Dazu kommt, dass sich die Südtiroler Pässe zu einem wahren Eldorado für Fans des Motorsports entwickelt haben“. Für den Heimatpflegeverband sind die bisher umgesetzten Maßnahmen zu wenig. Trojer fordert verstärkte Geschwindigkeits- und Lärmkontrollen, zeitweise Sperrungen für den motorisierten Individualverkehr und einen Ausbau der öffentlichen Busverbindungen über die Pässe.

Geschäfte machen auf Kosten der Natur

Die alpinen Regionen sind ein fragiler und verletzlicher Raum. Dies zeigt sich durch schwindende Gletscher und Bergstürze. „Angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Temperaturanstieg im Alpenraum fast doppelt so hoch ist wie in den umliegenden Gebieten“ ist Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz, besorgt über die Zunahme der negativen Auswirkungen des Klimawandels. „Die hochsensiblen Ökosysteme dieser Regionen gilt es bedingungslos zu erhalten“, so Oberhofer. Dabei sieht er nicht die Bedürfnisse und Interessen der hier lebenden und arbeitenden Bevölkerung als Gefahr, sondern einige „Nimmersatt“, die auf Kosten der Natur, Umwelt und Allgemeinheit weiterhin ihre Geschäfte machen wollen.

Unsere Berge, natürlich schön!

Die Bahn auf die Langkofelscharte ist für die Alpinvereine und Umweltorganisationen ein Beispiel, wo sich das Zusammenprallen unterschiedlicher Interessen zeigt: Schutz der Natur durch Rückbau oder weitere Erschließung und Gewinne machen. Wittfrida Mitterer, Direktorin des Kuratoriums für technische Kulturgüter, beschreibt die Bahn als einmalig in ihrer Art und als kulturhistorischen Symbolbau. Laut Mitterer soll sie in ihrer bestehenden Form erhalten bleiben. Sollte dies nicht möglich sein, spricht sie sich für eine Stilllegung und einen Rückbau aus. „Ein Neubau wird entschieden abgelehnt“, so Direktorin Mitterer.

Die Berge sind natürlich schön und so sollen sie auch erhalten bleiben. Dafür brauche es Lobbyarbeit und eine mahnende Stimme, die dem Trend des „immer Mehr“ widersprechen. Kurz vor der Landtagswahl sehen AVS, CAI, Dachverband für Natur- und Umweltschutz sowie Heimatpflegeverband die Chance, künftigen politischen Vertretern einige Anregungen mit auf den Weg zu geben, wie unser Land ohne die Hybris des Immer-Mehr nur schöner werden kann.

Pressespiegel

Ausverkauf, Overtourism, Spekulation

RAI Südtirol vom 3.8.2023

Unsere Berge stürzen von selbst ein

​DHN – Die Heutigen Nachrichten 13.9.2023

Alpenverein-Präsident schlägt Alarm

Focus online, 14.9.2023

Alpin- und Naturschutzvereine fordern “Ruhe statt Rummel”

Südtirolnews vom 3.8.2023

Ambientalisti riuniti a Passo Sella contro lo sfruttamento delle montagne

RAI TGR vom 3.8.2023

Associazioni alpinistiche e di protezione ambientali chiedono maggiore rispetto per lo spazio alpino

mountainblog.it, 1. August 2023

Il presidente del Cai: «Basta impianti. E basta rifugi hotel»

giornaletrentino.it vom 4.8.2023

Strategie e modelli di sviluppo per il presente e il futuro delle Alpi

Lo scarpone vom 3.8.2023

Overtourismus in Südtirol

BR (Bayrischer Rundfunk), 4.8.2023

Der Kipppunkt ist überschritten

Dolomiten vom 4.8.2023

Protezionisti contro i nuovi impianti: «Giù le mani dal Sassolungo»

Alto Adige vom 4.8.2023

Südtirol: Alpenverein protestiert am Sellajoch

ORF Tirol vom 4.8.2023

Salvare la montagna salva chi la abita

salto.bz vom 3.8.2023

Tirol steht vor einem großen Problem

​merkur.de vom 17.9.2023

Alpen- und Umweltvereine fordern Erschließungsstopp in den Bergen

Südtiroljournal vom 3.8.2023

Unsere Berge fallen von alleine zusammen

Frankfurter Rundschau vom 13.9.2023

Ruhe statt Rummel

​Tageszeitung.it vom 3.8.2023

Basta nuovi impianti e le Alpi non sono Disneyland

il dolomiti.it vom 5.8.2023

Aus für den Sarglift?

FAZ vom 16.9.2023

Dramatisch: Südtirols Berge bröckeln und fallen zusammen

​Pro Sieben, Newstime vom 25.9.2023

Kuriose Gondelbahn: Mit dem Sarglift durch die Dolomiten

Reisereporter.de vom 16.9.2023

Rispetto per le montagne, grido d’allarme degli ambientalisti

Video Bolzano 33 vom 3.8.2023

Ruhe statt Rummel – Genügsamkeit auf Schutzhütten

rai.it/tagesschau vom 10.9.2023

Pressekonferenz "Unsere Berge, natürlich schön!" © Miriam Federspiel