Seibahnmasten in Tiers © Heimatpflegeverband Südtirol

Die Südtiroler Umweltverbände kritieren in einer gemeinsamen Presseaussendung die öffentliche Bezuschussung des Seilbahnprojektes Tiers - Frommer Alm in Höhe von 11 Millionen Euro durch die Südtiroler Landesregierung.

Bozen, 29. November 2021

Pressemitteilung der Südtiroler Umweltverbände zum Landesregierungsbeschluss N. 987 vom 23.11.2021

Unterzeichnende Verbände

Alpenverein Südtirol, CAI Alto Adige, Dachverband für Natur und Umweltschutz, Heimatpflegeverband Südtirol, Lia da Mont, Lia per Natura y Usanzes, Mountain Wilderness, Nosc Cunfin, WWF.

Der Beschluss der Landesregierung N. 987 vom 23. November 2021 ist nicht nur ein Tiefpunkt für den Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft in Südtirol, sondern vor allem auch ein Schlag ins Gesicht – eine „Watschn“ – für alle Südtiroler Bürgerinnen und Bürger und alle Wirtschaftszweige außer Skigebiete und einzelne Hoteliers. Eine unglaubliche Summe an öffentlichen Steuergeldern sollen in die neue Seilbahnverbindung zwischen Tiers und der Frommer Alm am Fuße des Rosengartens, von der nur die Tierser Seilbahn A.G. und wenige Hoteliers in Tiers und Welschnofen wirtschaftliche Vorteile haben, investiert werden. Der Beschluss sieht vor, dass der Tierser Seilbahn S.p.A. 9,5 Millionen Euro zugewiesen werden, zusätzlich zu den bereits im Jahr 2020 zugewiesenen 1,8 Millionen Euro, also insgesamt 11,3 Millionen Euro, bei einer Gesamtinvestition von 15,8 Millionen Euro. Dies entspricht einem Beitrag von 75 %. Welcher Unternehmer würde sich nicht über einen solchen Prozentsatz an Förderung freuen? Allerdings profitieren von einem solchen Beitrag nur sehr wenige, während viele Menschen und Wirtschaftszweige die Nachteile durch die Verschandelung der Natur- und Kulturlandschaft über einen sehr langen Zeitraum tragen müssen.

Die mehrere Dutzend Meter hohen Metallmasten ragen wie die Skelette eines Denkmals des Massentourismus hervor. Das wunderschöne Gebiet unserer Dolomiten wird wieder einmal zu einer Geldmaschine degradiert.

 

Die Beweggründe der Gemeinde, abgesehen von den offensichtlichen wirtschaftlichen: Förderung der nachhaltigen Mobilität auf der Nigerpassstraße (wo es keine Verkehrsprobleme gibt!), Verringerung der „langen Fahrzeiten“ zwischen Tiers und Welschnofen (30 Minuten) und die Ermöglichung des Zugangs zum Karersee von Tiers aus über drei Auftstiegsanlagen. Welcher Tourist wird diese bizarre Option wählen?

Als Beweis dafür, dass die Seilbahn nicht zur Entlastung des Verkehrs beiträgt, sondern ihn im Gegenteil noch vergrößert, hat die Gemeinde Tiers bereits die Umwandlung von 2553 m2 Waldfläche (in einem bereits von Vaia gezeichneten Gebiet) in einen Parkplatz genehmigt, und zwar mit folgender Begründung:

„Da die Autonutzung nicht ausgeschlossen werden kann und nur teilweise durch den öffentlichen Verkehr abgedeckt werden kann, ist der Bau eines Parkplatzes bei der Talstation unabdingbar – für den Betrieb der Seilbahn und zugunsten der Parkplatzsituation der Einwohner von Tiers“.

Darüber hinaus ist es fraglich, warum die Landesregierung so viel Geld für die Verkehrsberuhigung am Nigerpass ausgibt und nicht dort in die Verkehrsregelung investiert, wo sie wirklich benötigt wird, nämlich auf den Karer-, Sella-, Grödner- und Langkofel-Passstraßen.

 

Die unterzeichnenden Verbände bringen ihre tiefe Enttäuschung über die Entscheidung der Landesregierung zum Ausdruck, 11,3 Mio. Euro an öffentlichen Mitteln für private Einzelinteressen zu vergeben. Ressourcen, die für Dienstleistungen verwendet werden könnten, die der Gemeinschaft wirklich zugute kommen, wie z.B. Investitionen in die Gesundheitsversorgung. Wir appellieren auch an diejenigen, die diese Empörung teilen, sich dieser Kritik am Vorgehen der Landesregierung anzuschließen, damit sie ihre Entscheidung zugunsten einer weltweit einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft, für die wir auch gegenüber künftigen Generationen verantwortlich sind, überdenkt.