„No Mischggele (VI)“ Wadi Tiwi, Oman

Als wir das Tal von Wadi Tiwi betreten war ich buchstäblich sprachlos. Die Sonne war kurz vor dem Untergang, in der Luft lag Dunst, Papageien flogen knapp über unseren Köpfen vorbei, links und rechts 400m hohe Wände, die das in Felsen gehauene Bergdorf umgeben. Es wirkte alles natürlich und unberührt. Unser letzter Klettertag stand bevor und es hätte schon Etwas besonderes, in dieser wilden Umgebung noch eine Erstbegehung zu machen. Auf unserer Reise haben wir schon so schöne Touren wiederholt, warum nicht auch noch dieses Abenteuer?

Ich sehe eine logische Linie, die vom Betrachten her mit nicht allzu großen Schwierigkeiten aufwartet und an einem Tag vielleicht kletterbar wäre. Verschneidungen ziehen bis dreiviertel der Wand hoch, bis man in eine schön aussehende Platte gelangt. Schnell schieße ich einige Fotos um Mirko, Miran und Martin beim Abendessen zu überzeugen. Es ist 8 Uhr morgens und 200m rechts von „Emilou“, der wohl bekanntesten Route des Wadi Tiwi, stehen wir bei unserem Einstieg. Wir kommen schnell voran, jedoch bremst mich ein paar Meter über einem Band eine kurze Stelle auf teils brüchigem Fels aus. Ich überlege hin und her und klettere vorsichtig über die steile Stelle hinweg. Im Nachhinein löst sie sich wunderbar auf. Immer wiedererwarten uns spaßige Kletterstellen, die sich gut absichern lassen. Wir können der am Vortag ausgemalten Linie folgen und bereits zur Mittagszeit haben wir die Platten im oberen Wandteil erreicht. Was für ein Genuss uns da noch erwartet. Eine etwas härtere Länge in der Mitte der Platten kann Martin elegant lösen. Entschärft mit einer Schlinge um ein Köpfel quert er zwei Meter nach links hinter die Ecke, wo er einen Riss erreicht. Eine kurze Länge später steigen wir von der Wand aus. Wir nennen die Route „No Mischggele“ (no problem). Eine Aussage die uns die ganze Reise lang begleitet hat. Ohne einen Fußabdruck zu hinterlassen und überglücklich über die gelungene Tour gehen wir hinüber zum Ausstieg der Route Emilou. Dort warten auch schon unsere Freunde, die sich gerade zum Abseilen bereit machen.

Plank Stefan