Der heutige Lift zur Langkofelscharte © wikimedia commons

Umwelt- und Alpinverbände kritisieren den geplanten Ausbau der Liftanlage zur Langkofelscharte und fordern die Unterschutzstellung des Langkofelgebiets samt Cunfinböden.

Bozen, 26. Mai 2023

Gemeinsame Pressemitteilung des Heimatpflegeverbandes Südtirol, des Dachverbandes für Natur-und Umweltschutz, Mountain Wilderness Italia und des Alpenvereins Südtirol

Für den zur Kabinenbahn umgerüsteten Korblift auf die Langkofelscharte liegt seit Mitte Mai ein Ausbauprojekt vor – mit doppelter Personenkapazität, mehr als doppelt so hohen Betonträgern und einer vier Mal so großen neuen Bergstation. Dabei fehlt es bereits jetzt auf der Langkofelscharte an Platz und in der dort gelegenen Toni-Demetz-Hütte an Wasser. „Diese Ausbaupläne sind absolut nicht vertretbar“, sagen der Heimatpflegeverband Südtirol, der Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Mountain Wilderness und der Alpenverein Südtirol und fordern: „Die überverhältnismäßigen öffentlichen Förderungen für private Liftanlagen müssen aufhören, dann kämen solche Projekte gar nicht erst auf den Tisch.“ Statt eines Ausbaus auf der Langkofelscharte unterstreichen die Umweltverbände ihre Forderung nach einer Unterschutzstellung des Langkofelgebietes samt Cunfinböden.

 

Seit 1959 führt im Sommer ein Korblift die 400 Höhenmeter vom Sellajoch auf die Langkofelscharte (2685 m), wo sich die Toni-Demetz-Hütte befindet und Bergsteiger und Touristen über ein beeindruckendes Kar in das Herz der Langkofelgruppe zur Langkofelhütte und über die Confin-Böden absteigen können. Eine beliebte Wanderung, die bereits viele Touristen anlockt, die teilweise mit dem anspruchsvollen Abstieg überfordert sind. Die Strukturen auf der Langkofelscharte bringt der wachsende Besucheransturm an ihre Grenzen. Der Platz in der ohnehin engen Scharte ist knapp und die Wasserversorgung der Toni-Demetz-Hütte ist die vergangenen Jahre prekär geworden.

Historischer Erschließungsdruck

Dennoch gibt es seit den 1980er-Jahren Ausbaupläne für die Aufstiegsanlage, deren Körbe Anfang der 1970er-Jahre durch einfache Kabinen ersetzt wurden. Die Ausbaupläne gingen Hand in Hand mit der Erweiterung der umliegenden Skigebiete. Freilich wäre die Winternutzung des Lifts mit einer Abfahrt über die noch unberührten Cunfinböden, wo bereits das nächste Projekt – die Verbindung Saltria-Monte Pana – in der Schublade liegt, für viele Skifahrer ein attraktives Angebot. Für die Landschaft hätte es jedoch verheerende Auswirkungen, denn damit würde auch die Langkofelgruppe als letzter Bergstock der Umgebung mit symbolischer Strahlkraft skitechnisch erschlossen. Gerade deswegen waren die Ausbaupläne bereits 1987 gescheitert – am Protest der Umweltverbände und auch der Bevölkerung.

Jetzt soll es wieder Richtung Winternutzung gehen: Das lässt zumindest eine Entscheidung des Gemeindeausschusses von Wolkenstein von vergangener Woche vermuten: Ein Beschluss vom 16. Mai will Aufstiegsanlagen aus dem Gemeindebauleitplan – wie den Lift auf die Langkofelscharte – mit jenen im Skipistenplan gleichstellen und damit den Winterbetrieb ermöglichen.

Ausbau würde Belastung für Natur und Landschaft intensivieren

„Dass wir gerade heute angesichts von bestehendem Klimawandel, einer großen Schnee-Unsicherheit und eines Unbehagens gegenüber wachsender Touristenströme über Ausbaupläne an einem noch halbwegs intaktem Bergmassiv sprechen, wirkt geradezu grotesk,“ findet Claudia Plaikner vom Heimatpflegeverband. Denn es ist klar, der Ausbau käme einer zusätzlichen Erschließung nahe, würde ein Plus an Tausenden Tagesgästen und somit eine zusätzliche Belastung für Natur und Landschaft bedeuten. Ganz abgesehen von der landschaftlichen Beeinträchtigung, welche die im Projekt vorgesehenen Baumaßnahmen ankündigen: eine Vervierfachung der Kubatur der Bergstation an der bereits durch die jetzige Bergstation und die Toni-Demetz-Hütte ohnehin baudichten Scharte, doppelt so hohe Trägersäulen aus Beton und 13.000 Kubikmeter Bauvolumen für eine neue Talstation.

Öffentliche Finanzierung von privaten Liftanlagen stutzen

„Als Umweltverbände können wir nicht anders, als nochmals zu betonen, dass die Erschließung der Bergwelt abgeschlossen ist. Klimawandel und Klimaplan sollten uns zu einem sorgfältigeren Umgang mit unserer Umwelt bewegen,“ sagt Josef Oberhofer vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz. Dass es Projekte wie an der Langkofelscharte gibt – sind Heimatpfleger und Umweltschützer überzeugt –, ist der im regionalen Vergleich ungleich hohen Finanzierung von privaten Aufstiegsanlagen durch die öffentliche Hand geschuldet. Im aktuellen Fall läge die öffentliche Finanzierung bei voraussichtlich 45 % der Kosten. „Hier wäre dringend anzusetzen, dann würde es solche Erweiterungspläne gar nicht erst geben.“

Forderung: Unterschutzstellung der Langkofelgruppe und der Cunfinböden

Statt eines Ausbaus an der Langkofelscharte unterstützen Heimatpflegeverband, Dachverband, Mountain Wilderness und Alpenverein die Forderung von Nosc Cunfin nach einer Unterschutzstellung der Langkofelgruppe samt Cunfinböden: „Das 30X30-Ziel des UN-Biodiversitätsrates sieht eine Unterschutzstellung von mindestens 30 Prozent der Landesoberfläche vor, auch in Südtirol fehlen hier noch 9 Prozent. Wir denken, die Langkofelgruppe wäre hierfür ein würdiges Objekt. Die Eingliederung der Langkofelgruppe mit den Cunfinböden in einen Naturpark ist längst überfällig.“ Georg Simeoni vom Alpenverein unterstreicht: „Seit 38 Jahren fordern wir diese Unterschutzstellung. In letzter Zeit wurden 3000 m² Grund auf der Langkofelscharte (praktisch die ganze Scharte) an Private verkauft, damit die Bergstation und notgedrungener Weise auch die Hütte für den zu erwartenden Besucheransturm gerüstet ist. Dies alles im Sinne des vielgepriesenen Landschafts- und Klimaschutzes.“
Und was soll mit der bestehenden Kabinenbahn geschehen? 2024 verfällt die Konzession der Aufstiegsanlage zur Langkofelscharte. Damit ergibt sich die historische Chance, den ausschließlich für Freizeitzwecke genutzten Lift abzubauen und allein die Schönheit der Landschaft in den Vordergrund zu stellen. Diese Vorgehensweise ließ jüngst auch Landeshauptmann Arno Kompatscher anklingen, der sich klar gegen eine Potenzierung der Aufstiegsanlage aussprach. Das wäre auch ein handfestes Signal des Aufbruchs in eine wirklich enkeltaugliche Entwicklung der Dolomiten.