Eislaufen © Stefan Steinegger

Der Winter lockte aufgrund des Schneemangels Menschen aller Altersgruppen auf unsere zahlreichen gefrorenen Seen. Sogar viele Bergbegeisterte tauschten ihre Tourenausrüstung mit Schlittschuhen, denn nicht nur im Tal, sondern auch auf Bergseen konnte man das glatte, schneefreie Eis genießen. Doch wann ist die Eisdecke dick genug und was gilt es sonst noch zu beachten, wenn man sich auf das Eis begibt? Dies war Beweggrund für uns, um bei Georg Schöpf, dem Leiter der Tauchgruppe und Wasserretter der Berufsfeuerwehr Bozen nachzufragen.

von Stefan Steinegger (Bergeerleben 05/2017)

Wann darf ich aufs Eis gehen?

Prinzipiell sollte jeder für sich selbst die Entscheidung treffen, eine Eisfläche zu betreten. Es ist immer sinnvoll, Ortsansässige über Temperaturverlauf und Schneefälle zu befragen, aber auch selbst die Verhältnisse und Dicke des Eises zu prüfen.

Wie dick sollte das Eis sein?

Bei homogenem, blauem Eis sollte für die Zusatzbelastung durch eine Person das Eis mindestens fünf bis sechs Zentimeter dick sein, bei einer Personengruppe mindestens acht Zentimeter. Um einen PKW zu tragen, benötigt es eine Dicke von 18 Zentimetern.

Eis © Steffan Steinegger
Eis © Stefan Steinegger

Wie kontrolliert man die Eisdicke?

Einen genauen Aufschluss gibt nur eine Probebohrung. Für Bergsteiger empfiehlt es sich, mit einer Eisschraube die Dicke zu ermitteln, diese eignet sich auch als Fixpunkt bei der Rettung. Auch im Erste-Hilfe Rucksack der Wasserrettung sind im Winter Eisschrauben und Seil fixer Bestandteil. Wenn bei größeren Menschenansammlungen auf Seen nur ein Wintersportler diese Ausrüstung mithat, kann schon effizient und rasch geholfen werden.

Was spielt neben der Eisdicke noch eine Rolle?

Diese empfohlenen Mindestdicken setzen voraus, dass die gesamte Eisfläche auf dem Wasser aufliegt und sich keine Luft darunter befindet, denn nur dann ist die Druckfähigkeit gegeben. Gefährlich wird es bei Beregnungsweihern, Speicherbecken für die Beschneiung und auf Stauseen von Kraftwerken. Hohlräume unter der Eisdecke sind sehr gefährlich. Auch Skitourengeher, die oft Seen überqueren, sollten diesen Aspekt berücksichtigen!

Muss die Eisdecke auf einem See geschlossen sein?

Nein, aber bei Gewässern mit offenen Stellen muss man auf diese sehr achtgeben. Warme Quellen, Strömungen, Stege, herausragende Pfosten und bewachsene Uferzonen beeinflussen die Dicke, an solchen Stellen taut das Eis auch rascher wieder auf.

Eislaufen 3 © Steffan Steinegger
Eislaufen © Stefan Steinegger

Was sagt uns die Farbe des Eises?

Die Farbe kann Aufschluss über die Qualität und Entstehung der Eisschicht geben. Mit der Menge der eingeschlossenen Luft ändert das Eis nämlich sein Aussehen. Hartes, gutes Eis hat eine blaue Färbung und ist ein Beweis dafür, dass es über längere Zeit gleichbleibend kalt war. Weißes Eis enthält viele Bläschen. Diese Blasen bilden „Störstellen“ im Eis. Wasserflecken und Verfärbungen können auch Hinweise auf brüchige Stellen sein.

Welche Empfehlung hast du noch?

Wenn man sich auf einer Eisfläche befindet, hat man eine zu niedere Perspektive, um weiträumig Gefahrenstellen und dünnere Eisschichten zu erkennen. Bevor man eine Eisfläche betritt, sollte man sich deshalb einen Überblick über das Gewässer verschaffen. Dabei kann man durch farbliche Unterschiede die Beschaffenheit des Eises einschätzen. Besonders bei Bergseen sollte man vor dem Betreten den See von einem etwas höher gelegenen Blickpunkt aus betrachten. Besonders zu bedenken ist, dass Kinder beim Eislaufen einen noch schlechteren Blickwinkel haben und Löcher usw. viel später sehen als Erwachsene.

Eisretter
Eisretter © Berufsfeuerwehr Bozen

Gibt es eine Regel, wie ein See zufriert?

Im Winter kühlt der Boden schneller aus als das Wasser. Somit kann man davon ausgehen, dass ohne den Einfluss von Quellen, Zuflüssen und Strömungen ein See immer von außen nach innen zufriert. Im Frühjahr ist es genau umgekehrt, dann beginnt das Eis vom Ufer her, also von Bodennähe aufzutauen.

Wie beeinflussen Witterungseinflüsse die Eisqualität?

Schnee über Eis wirkt wie eine Isolierschicht. Bei Schneefall kurz nach dem Einfrieren eines Gewässers kann es passieren, dass sich nur eine sehr dünne Eisschicht unter der Schneedecke befindet. Diese Eisschicht kann wegen der Kälteisolierung nicht mehr weiterwachsen. Das ist ein Aspekt, den bei sehr frühem Schneefall auch Skitourengeher berücksichtigen sollten. Tageserwärmung bzw. Sonneneinstrahlung können dann für die Eisqualität ein Problem sein, wenn Schnee mit im Spiel ist. In der Eisdecke können dann mehrere Schichten entstehen, diese beeinflussen die Tragfähigkeit. Ein weiterer negativer Einfluss ist anhaltendes Tauwetter.

Welche weiteren Gefahrenquellen gilt es zu beachten?

In allen Gewässern, wo es Strömungen gibt, wie Bäche, Gräben, Stauseen, kann ein Einbruch viel gefährlicher sein, da man unter die Eisdecke geschwemmt bzw. gezogen wird und eine Rettung unmöglich wird. Dies ist eine der größten Gefahrenquellen! Bei Ein- oder Ausflüssen von Seen kann innerhalb weniger Meter das Eis deutlich dünner und die Eisqualität völlig anders sein als auf dem Rest des Sees.

Eislaufen am zugefrorenen Kalterer See © Andrea Steinegger

SICHERHEIT UND NOTFALL

Bei einem Einbruch ins Eis genügen wenige Minuten der Unterkühlung, um in einen lebensbedrohlichen Zustand zu geraten. Eine Person kann sich dann in der Regel nur drei Minuten über Wasser halten. Die Kameradenrettung ist also auch beim Eislaufen die effizienteste Erste-Hilfe Maßnahme. Es gilt, so rasch als möglich den Verunglückten aus dem Wasser zu holen und vor Unterkühlung zu schützen. Bei der organisatorischen Rettung hat ebenfalls die Rettung aus dem Wasser und Wärmeerhaltung Priorität. Die Berufsfeuerwehr Bozen hat auf ihrer Webseite Verhaltensregeln im Falle eines Eiseinbruches veröffentlicht, dort wird auch der sogenannte Eisretter für die Selbstrettung vorgestellt.