Skidurchquerung © Stefan Cappello 2023
Eine unschwierige Ski-Durchquerung der Dolomiten mit spektakulären Aussichten, perfekt machbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln
Einmal die Dolomiten mit den Skiern zu durchqueren, gehört zum Traum vieler SkitourengeherInnen. Diese Variante, die wir im Februar 2023 als Tourenleiterfortbildung durchführten, folgt einem unschwierigen Streckenverlauf und umfasst nur am 2. Tourentag über 1.000 Höhenmeter im Aufstieg. Wir sind alle der Meinung, dass die Tour nicht nur wegen des wunderschönen Panoramas, sondern auch aufgrund ihrer guten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln lohnt. So mussten wir für die Durchführung keinen Bring- und Abholservice organisieren und auch kein Auto am Endhaltepunkt deponieren. Dabei waren Andrea Innerhofer, Armin Brunner, Stefan Cappello, Hermann Atz, Friedl Amort (AVS-Tourenleiter), und Bergführer Helmut Kostner.
1. Tag: Bushaltestelle Pragser Wildsee – Seitenbachscharte – Col de Riciogogn – Senneshütte – Pederühütte (Berggasthaus Pederü). 1.150 m im Aufstieg, 15 km Länge (ohne Gipfel Col de Riciogogn 850m im Aufstieg, 13 km)
2. Tag: Pederühütte (Berggasthaus Pederü) – Fanes-Hochfläche – Lavarellahütte – Medesc-Scharte – Heiligkreuzkirche – Abtei (Pedraces) – mit dem Bus nach Lungiarü/Campill. 1.150 m im Aufstieg, 18 km Länge
3. Tag: Lungiarü/Campill – Medalges – Forcela de Furcia/Kreuzjoch – Zanser Alm – Ranui (Bushaltestelle). 1.000m im Aufstieg, 15 km Länge
Am Freitag reisten wir alle mit Zug und Bus an, wobei Armin in Auer den Anfang machte. Entlang der Zugstrecke stiegen dann die weiteren Teilnehmer dazu, bis wir am Pragser Wildsee ankamen. Vom See stiegen wir zur Seitenbachscharte auf. Wegen des Schneemangels mussten wir das letzte Stück, das sich bei guten Bedingungen problemlos mit den Skiern machen lässt, zu Fuß gehen. Dafür waren wir hier ganz unter uns.
Wir hätten hier direkt von der Seitenbachscharte zur Senneshütte abfahren können. Das wären dann nur 850 m im Aufstieg gewesen. Da das Wetter und unsere Fitness aber noch super waren, wollten wir unbedingt noch einen Gipfel mitnehmen. Von der Scharte ging es auf den Gipfel des Riciogogn, wobei drei von uns mit Steigeisen über den Grat aufstiegen und von dort aus zum Gipfelkreuz. Die anderen probierten es zunächst mit den Skiern über die Flanke und wichen dann auf den linken Kamm aus. War der Aufstieg noch mühsam gewesen, war die Abfahrt zur Senneshütte angenehm, auch wenn man sich besseren Schnee gewünscht hätte. Nach einem Einkehrschwung ging es weiter zur Pederühütte, wo wir übernachteten. Während der drei Tage hatte jede/r von uns einmal abwechselnd die Führung der Gruppe inne. Bergführer Helmut Kostner hielt sich eher im Hintergrund, gab Tipps zur Gruppenführung und stand uns beratend zur Seite.
Skidurchquerung der Dolomiten © Stefan Cappello, Friedl Amort, Armin Brunner 2023
Am Samstag stiegen wir zur Lavarellahütte und weiter über wunderschön kupiertes Gelände der Fanes-Hochfläche zur Medesc-Scharte auf. Von der Scharte fuhren wir hinab nach Abtei, wobei wir uns aufgrund der geringen Schneeauflage gegen die Direktabfahrt im Wald und für die Abfahrt auf der Skipiste entschieden. Dafür querten wir unterhalb des Kreuzkofels teils schiebend, teils fahrend hinüber zur Heiligkreuz-Wallfahrtskirche bzw. dem gleichnamigen Hospiz (ca. 4 km) und fuhren über die Piste ab nach Abtei-Pedraces. In der Konditorei warteten wir gemütlich auf den Bus nach Lungiarü/Campill (Bus 460 nach St. Martin in Thurn, weiter mit Bus 464), wo wir uns in der Agritur-Pension Speckstube von dem langen Tag auf der Fanes-Hochfläche erholten.
Wie erwartet, stiegen am Sonntag viele Tourengeher mit uns auf die Piza de Medalges (2.454m) auf. Dafür waren wir ab der Forcela de Furcia/Kreuzjoch allein. Die Abfahrt erfolgte hinunter zur Zanser Alm, wo wir um ca. 14 Uhr ankamen. Von dort fuhren wir über die Rodelpiste zur Bushaltestelle nach Ranui ab und stiegen in den Bus ein, sodass alle zwischen 16 und 17 Uhr wieder zuhause waren – Armin konnte sogar noch mit seinem Vater dessen 100. Geburtstag feiern!
Ein paar Gedanken zur Nutzung von Öffis auf der Tour…
Am Ende möchten wir euch noch ein paar Überlegungen zur Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln mitgeben: die Idee der Öffi-gestützten Skidurchquerung war letztes Jahr geboren worden, als Stoa (Stefan Steinegger vom Ausbildungsreferat) vorschlug, eine Tourenleiterfortbildung mit Bus und Bahn durchzuführen. Das Konzept hatte gleich auf Anhieb gut funktioniert und die TeilnehmerInnen waren alle begeistert gewesen.
Auch dieses Jahr hat uns die Idee wieder überzeugt, denn man spart nicht nur Benzin und CO2-Emissionen, sondern muss auch keinen Bringservice zum Ausgangspunkt und Abholservice am Zielpunkt organisieren! Auch der Wechsel zwischen einem Gebirgsstock und dem nächsten ist dank der guten Busverbindungen in den Tälern problemlos.
Skidurchquerung der Dolomiten © Stefan Cappello, Friedl Amort, Armin Brunner 2023
Natürlich ist es einfacher, mit dem Auto anzureisen, anstatt sich durch Fahrpläne zu wühlen. Mit der Südtirolmobil-App ist es aber möglich, fast jeden Ort in der Suchmaske anzugeben, wenn man die genaue Bushaltestelle nicht kennt. Die App sucht dann automatisch die nächstgelegene Bushaltestelle und berechnet auch noch den Fußweg dorthin. Sie funktioniert also fast wie eine Navigations-App fürs Auto. Es gehört vielleicht am Anfang ein wenig Übung dazu, aber auch wir als Generation der Nicht-Digital Natives sind der Meinung, dass man es sehr schnell raus hat, man muss es einfach probieren und dann ein wenig dran bleiben. Durch den neuen Fahrplan werden viele Haltestellen öfter als früher angefahren – ein Blick in die Südtirolmobil-App während der Tourenplanung lohnt sich also unbedingt!
Eine Anreisezeit von 2,5 – 3,5 Stunden ist nur bei einer Mehrtagestour akzeptabel. Aber ist das wirklich so? Wir haben darüber lange geredet und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir selber es in der Hand haben, was wir mit einem Tourentag machen. Wollen wir uns ganz auf die Tour, die Berge, die Natur einlassen, den ganzen Tag draußen verbringen und dann langsam und allmählich in die Zivilisation zurückkehren (Thema Entschleunigung)? Oder müssen wir nachmittags noch unbedingt einen Termin wahrnehmen und sind daher aufs Auto und eine schnelle Rückkehr angewiesen? Manchmal ist das sicher so (und dann kann man nur hoffen, dass man nicht im Wochenend-Rückstau landet…).
Die endgültige Entscheidung bleibt jedem/r selbst überlassen, aber sicher ist, dass die Anfahrt mit Öffis einen anderen, bewussteren Zugang zum Erlebten eröffnet. Wenn ich mich dafür entscheide, mir abends nicht noch etwas vorzunehmen, bin ich viel entspannter unterwegs und kann auch die Zeit bei der Hin- und Rückfahrt voll nutzen. Neben Tourenbesprechung, letztem Wetter- und Lawinencheck kann man gemütlich die Beine ausstrecken, die letzten Keks- und Teevorräte teilen und die Tatsache genießen, dass man die Tour mit allen TeilnehmerInnen gemeinsam ausklingen lässt, anstatt sich auf mehrere Autos zu verteilen (wo sich das geringere Luftvolumen auch schneller mit den Ausdünstungen der anderen füllt…).
Am Ende unseres Berichts wollen wir deshalb die Aussage von Stefan Goerre, Präsident des Schweizer Alpenvereins, stellen: Künftig wird es immer mehr Touren geben, die man nicht mehr als Eintagestour machen kann, sondern nur noch als Mehrtagestour.
Wenn wir dies nicht als Einschränkung empfinden, sondern als Möglichkeit, unser Leben zu entschleunigen, sind uns intensivere Erlebnisse und Momente sicher.