Alpiner Förderpreis 2021

Seit Herbst 2019 stand bereits die Nominierung von Simon Raffeiner für den Alpinen Förderpreis 2020 fest. Doch anders wie seine Vorgänger musste der junge Tierser bis September 2021 auf die Verleihung warten. Bewusst hat sich der AVS dazu entschieden, auf den richtigen Moment zu warten, um in einem würdigen Rahmen die Ehrung durchzuführen.

Es ist ein wichtiger Teil des AVS, nicht nur die Klettertradition zu pflegen, sondern auch junge Alpinisten auszubilden und sie zu fördern. Mit dem Alpinen Förderpreis will der AVS zeigen, dass er Wert auf die Entwicklung des wahren Alpinismus legt. Eine Form von Alpinismus, in der es um das Bergsteigen als persönliches Erlebnis auf der Suche nach neuen Wegen in unseren wundervollen Bergen geht.

Der mit 1.500 Euro dotierte Preis wird auf Vorschlag des Referates Bergsport & HG vergeben. Simon Raffeiner wurde von der Tierser Bergsteigergilde „Tschamintaler“ vorgeschlagen, der er angehört und vom Referat einstimmig nominiert.

Simon, 23 Jahre, ist seit Kindheit in den Bergen unterwegs und entwickelte sich in seiner Jugendzeit zu einem starken Kletterer und Bergsteiger, der vor allem in den Wänden und auf den Gipfeln der heimischen Berge anzutreffen ist. Von den Erfolgen des ruhigen und bescheidenen Tierser Klettertalentes erfährt man relativ wenig; nur selten findet man in den sozialen Medien Posts oder Bilder. Simon lebt die Südtiroler Bergsteigertradition auf seine eigene Art, erlebt viele Abenteuer mit seinen Freunden, ohne damit viel Aufsehen zu erregen, ist in allen alpinen Spielformen stark unterwegs und kann einige schwierige Erstbegehungen aufweisen. All diese Eigenschaften haben zu seiner Nominierung beigetragen.

Nach dem offiziellen Teil konnten wir mit Simon ein Interview über seine alpinistische Entwicklung führen:

Im Gespräch mit Simon Raffeiner

Wie bist du zum Klettern gekommen?

Ich bin schon als Kind immer gerne überall raufgeklettert, ob auf kleinen Felsen oder zuhause auf den Balkon. Da gab es zum Beispiel eine Zeit, wo ich immer nur den Balkon benutzt habe anstatt der Haustür, um ins Haus zu kommen. Später, wenn die Balkonrouten zu langweilig wurden, habe ich mich zusammen mit meinem Vater als Sicherungspartner auch an den Felsen gewagt und so mit dem Sportklettern und Alpinklettern angefangen. Eine wichtige Rolle hat dabei auch unserer kleine Boulderhalle im Dorf gespielt, in der ich meine halbe Mittelschul- und Oberschulzeit verbrachte.

Was hat dich am Klettern so fasziniert?

Als Kinder waren wir schon sehr früh viel mit unseren Eltern in den Bergen unterwegs. Daher war bei mir das Interesse für den Klettersport immer schon präsent und ich fühle mich auch heute noch nirgends wohler. Ich würde nichts den Bergen vorziehen. Ich weiß nicht genau, was mich damals so begeistert hat, aber ich glaube ich fand die verschiedenen Bewegungen beim Klettern einfach cool. Jedes Mal, wenn ich einen neuen Boulder oder eine Route schaffte, stieg die Motivation noch besser zu werden.

Gab es einen besonderen Moment, sozusagen als Startschuss?

Einen besonderen Moment als Startschuss gab es dabei nicht. Irgendwann waren die Bergtouren und Klettersteige einfach keine Herausforderung mehr und ich wollte mit dem richtigen Klettern anfangen. Heute fasziniert mich beim Klettern, dass man sowohl körperlich als auch mental stark sein muss, um schwer zu klettern. Für mich ist Klettern Lebensschule – man lernt viel über sich selbst und auch für andere Lebensbereiche. Außerdem erlebt man insbesondere bei Erstbegehungen Abenteuer, die einem in Erinnerung bleiben.

Welche Route war deine erste richtige Klettertour?

Meine erste Klettertour war der „Rosengarten Südgrat“ und die „Delagokante“, die ich in der Mittelschulzeit zusammen mit einem guten Freund gegangen bin. Damals waren wir mit einem Friend, zwei Schlingen und einem Seil, das wir nicht oft benutzt haben, noch eher „old school“ unterwegs. Aber so hat man ein Gefühl für die Ausgesetztheit und eine gewisse Sicherheit beim Klettern bekommen, weil man nicht ins Seil fallen wollte. Später bin ich zweimal bei der Tschamintaler Führungstour mitgegangen, wo wir die „Buhl-Verschneidung“ am Piz Ciavazes und die „Love my dog“ am Passo Giau geklettert sind. Diese beiden zählten auch zu meinen ersten.

Du hast sehr früh damit begonnen Erstbegehungen zu eröffnen und auch „eigene“ Klettergärten zu erschließen, wie kam es dazu?

Nachdem ich die meisten Mehrseillängentouren in Tiers geklettert war, wurde es irgendwann einfach Zeit auch meinen Beitrag zur Tierser Klettergeschichte zu leisten. Zudem wurde ich auch von den lokalen Kletterern motiviert, die alle schon einige Erstbegehungen vorweisen konnten. 2015 konnte ich dann mit der „Edelweiß“ meine erste Erstbegehung zusammen mit meinem Freund und Kletterpartner Thomas Ladstätter verwirklichen – in den nächsten Jahren folgten dann regelmäßig neue. Bei den Klettergärten war es hingegen eher so, dass mir irgendwann die Projekte ausgegangen sind und da habe ich mir einfach meine eignen eingebohrt. Zurzeit geht es in Tiers bis 8c, aber es gibt einige Projekte, die durchaus 8c+ und 9a Potential haben und noch auf die Erste Durchsteigung warten.

Wie wichtig ist für dich das lokale Klettern in Tiers?

Klettern in Tiers ist für mich sehr wichtig, weil ich dort mit dem Klettern angefangen habe und es sozusagen mein Hausgebiet ist. Mit Tiers verbinde ich den Ort, wo ich früher Schritt für Schritt mein Kletterkönnen im Klettergarten und meine Fähigkeiten im Alpinen entwickeln konnte. Heute ist es mir vor allem wichtig, das Klettern in Tiers zu pushen, also noch nicht gekletterte Projekte zu klettern und neue Erstbegehungen zu eröffnen. Außerdem hat die bestehende Kletterinfrastruktur maßgebend dazu beigetragen, dass ich als Kletterer so weit gekommen bin, deshalb ist es wichtig diese auch für die zukünftigen Klettergenerationen in Tiers zu erhalten und auszubauen.

In den letzten Jahren konntest du viele deiner Ziele verwirklichen, auf welche Überraschungen dürfen wir uns noch die kommenden Jahre freuen?

Vielleicht, dass ich mit dem Klettern aufhöre und statt der Bergführerausbildung eine Bademeisterkarriere einschlage … Aber Spaß beiseite: Im Sportklettern steht 8c+ und 9a auf der Liste ganz oben. In der nächsten Zeit werde ich mich sicherlich darauf konzentrieren. Beim Alpinklettern und Eisklettern habe ich auch noch bestimmte Touren, die ich gerne klettern möchte. Dazu gehören einige in der Marmolata, Civetta und in den Drei Zinnen. Außerdem würde es mich reizen, noch einmal einen Versuch in der Bellavista zu machen und wer weiß, diese vielleicht irgendwann auch zu klettern. Zurzeit habe ich auch ein Mehrseillängenprojekt auf der Sattelspitze mit Thomas, das wir gerne nächsten Sommer abschließen würden. Und irgendwann später dann noch vielleicht die großen Nordwände der Alpen machen.