Beispiel für Erweiterung auf Kosten von Landschaft und Umwelt im Skigebiet Klausberg © Heimatpflegeverband
Bozen, 28. November 2024
Pressemitteilung von AVS, CAI Alto Adige, Climate Action, Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Heimatpflegeverband, Nosc Cunfin, Mountainwilderness Italia.
Am Wochenende beginnt in vielen Südtiroler Skigebieten die Skisaison. Die Landesregierung hat kürzlich die öffentlichen Zuschüsse für neue Seilbahnanlagen um weitere 22 Millionen Euro erhöht. Die Alpin- und Umweltverbände fordern einen Kurswechsel: Nutzen wir die anstehende Überarbeitung des Fachplans für Aufstiegsanlagen und Skipisten um neue Ideen zu entwickeln und Südtirol zum Vorbild zu machen: Zur weltweit ersten klimaneutralen Skigebietsregion, die Landschaft, Umwelt und Traditionen respektiert und auf öffentliche Verkehrsmittel setzt.
Das Jahr 2024 ist das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, mit einer globalen Durchschnittstemperatur, die 1,5 Grad über den vorindustriellen Werten liegt (Copernicus-Dienst der EU). In den Alpen steigen die Temperaturen doppelt so schnell wie im globalen Durchschnitt, und die Schneemenge hat in den letzten zehn Jahren laut Erhebungen des „Osservatorio Nazionale Città Clima“ von Legambiente kontinuierlich abgenommen. Auch im Dossier Schnee von Eurac Research (2021) werden die Folgen der Klimaerwärmung für die Skiwirtschaft klar dargelegt: „Als Folge der Klimakrise wird Schnee zukünftig im Herbst später fallen, im Frühling früher schmelzen und in tiefen Lagen als Regen landen. Skisaisonen werden kürzer ausfallen. Die Schneefallgrenze könnte sich bis Ende des Jahrhunderts um 500 bis 1.000 Meter in die Höhe verschieben. Tiefer gelegene Skigebiete werden wegen des steigenden Bedarfs an Strom und Wasser für die Beschneiung vielleicht nicht mehr wirtschaftlich sein.“ Wer das Dossier liest, kann wohl nur zum Schluss kommen, dass die Errichtung von neuen Liftanlagen und Pisten im Jahr 2024 einen Anachronismus darstellt, der nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Trotzdem hat die Südtiroler Landesregierung in den letzten Jahren zahlreiche Projekte genehmigt, um das Skigebietsangebot zu erweitern. Dazu gehören unter anderem die Erweiterung des Skigebiets Klausberg im Ahrntal sowie die umstrittene Seilbahn Tiers–Frommer Alm und die König Laurin-Kabinenbahn. Letztere führt zu einer Bergstation im Herzen der Dolomiten, nur wenige Meter von der Grenze des UNESCO-Weltnaturerbes entfernt. Viele weitere skitechnische Erweiterungsprojekte stehen in der Warteschleife, darunter das 125.000 m³ große Speicherbecken “Bodensee“ am Kronplatz, die Erneuerung der Umlaufbahn K1 und K2 am Kronplatz mit Verlegung der Mittelstation und neuer Talabfahrt, die Erweiterung der Pisten am Helm und im Skigebiet „Drei Zinnen“. Der Bau von Pisten und Aufstiegsanlagen hat erhebliche Auswirkungen auf die Landschaft und den Bodenverbrauch: Es entstehen neue Hotels und künstliche Speicherbecken für die Beschneiung mit nachweislich negativen Auswirkungen auf die Umwelt, Wälder müssen abgeholzt und Hänge massiv umgestaltet werden.
Stütze des Sonnenliftes, Skigebiet Klausberg © CAI Alto Adige
Anstatt weiterhin durch den Skibetrieb und die Anreise der Wintersportler mit Privatfahrzeugen negativ zum Klimawandel beizutragen, könnte Südtirol Vorreiter für ein Tourismusangebot sein, das Landschaft und Umwelt respektiert und klimaneutral ist. Wir könnten Pioniere eines neuen, nachhaltigen Tourismusmodells werden, das praktisch ohne motorisierten Individualverkehr auskommt, weniger hektische, dafür qualitativ hochwertigere Aktivitäten fördert und keine Skipisten umfasst, die mit Plastikzäunen und Schneekanonenreihen umsäumt sind.
Die Erneuerung des Fachplans für Aufstiegsanlagen und Skipisten in wenigen Monaten ist eine Gelegenheit, die Weichen in diese Richtung zu stellen. Die Alpin- und Umweltverbände hoffen, dass diese Gelegenheit genutzt wird, neue Ideen zu entwickeln und Südtirol zum Vorbild zu machen: Zur weltweit ersten klimaneutralen Skigebietsregion, die Landschaft, Umwelt und Traditionen respektiert und auf öffentliche Verkehrsmittel setzt. Es ist Zeit, sich hohe Ziele zu setzen und einen konkreten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten! Es ist Zeit, klar und deutlich zu sagen, dass diejenigen, die sich als Beschützer der Bergregionen darstellen und behaupten, die einzige Alternative zur Abwanderung in den Bergen zu sein, in Wirklichkeit den alpinen Raum nur auspressen und zum Vergnügungspark deklassieren, während sie die sensiblen Ökosysteme der Hochgebirgsregionen immer stärker unter Druck setzen.
Ein Weiter-so ist keine Option. Die Alpin- und Umweltvereine Alpenverein Südtirol, CAI Südtirol, Climate Action, Dachverband für Natur- und Umweltschutz, Heimatpflegeverband, Nosc Cunfin und Mountain Wilderness appellieren daher an die Landesregierung „Lasst uns die Aktualisierung des Fachplans für Aufstiegsanlagen und Skipisten gemeinsam nutzen, um Südtirol als Vorreiter für Klimaschutz und nachhaltigen Tourismus zu positionieren. So bleibt unser Land lebenswert – für die Menschen, die hier leben, für unsere Gäste und für kommende Generationen.“