Upcycling von Kletterseilen © Evelyn Gafriller 2022

Klimafreundlich und kreativ: ausgemusterte Kletterseile lassen sich mit ein wenig Geschick weiterverwenden

Was tun mit alten Kletter- oder Gletscherseilen? Jede Klettererin, jeder Hochtourengeher hat sich das schon einmal gefragt. Bergstricke werden sehr robust hergestellt, weil sie eine Vielzahl technischer Anforderungen erfüllen müssen. Leider haben sie aber eine begrenzte Lebensdauer, denn sie müssen aus Sicherheitsgründen regelmäßig ausgetauscht werden.

Die Herstellung eines Seils, das den technischen Spezifikationen entspricht, ist energie- und ressourcenintensiv. Im Sinne des Klima- und Umweltschutzes macht es daher Sinn, alte Stricke weiterzuverwenden.

Zunächst mal: wer sein Seil richtig pflegt, hat länger Freude daran. Eine ausführliche Anleitung zur Seilpflege haben wir hier zusammengestellt.

Irgendwann ist aber jedes Seil mal am Ende. Dann ist Kreativität gefragt, wie uns AVS-Mitglied Evelyn Gafriller im Interview verrät. Evelyn betreibt Upcycling, das heißt, sie führt alte Kletterseile einem neuen (und schönen) Zweck zu.

Evelyn, was machst du mit ausgemusterten Kletterseilen?

Ich mache mache daraus Türvorleger und Kränze zum Aufhängen oder als Adventskranz. Die Vorleger sind quadratisch (ca. 50x60cm) oder oval (ca. 40x60cm), auf Bestellung mache ich sie auch rund (Durchmesser nach Wunsch). Die Kränze kann man auch als Topfuntersetzer verwenden.

Wie bist du auf die Idee gekommen?
Die Idee ist entstanden, als ich mir zwei neue Alpin-Seile gekauft habe und die beiden alten nicht einfach in den Müll werfen wollte. Dann habe ich im Internet nach Ideen gesucht und bin fündig geworden.
Seilteppiche | (c)Evelyn Gafriller | AVS
Evelyn mit ihren Seilartefakten © Evelyn Gafriller 2022
Upcycling von Kletterseilen © Evelyn Gafriller 2022
Ich war sofort begeistert, denn was dabei entsteht, ist nicht nur praktisch und schön, sondern auch nachhaltig. Einen kleinen Teppich oder Fußabstreifer kann jeder brauchen, und jeder hat eine Haustür, die ein wenig Schmuck vertragen kann. Da Seile so viel aushalten müssen, sind die Teppiche superrobust und lassen sich ganz leicht reinigen. Entweder mit einer Bürste abschrubben oder mit dem Hochdruckreiniger drüber.
Heute suchen viele Leute nach nachhaltigen Geschenkideen, da ist etwas Selbstgemachtes sehr gefragt, gerade bei Leuten, die schon alles haben. Die Teppiche sind übrigens auch super, wenn man einen VW-Bus oder ähnliches hat, damit man beim Campen den Dreck nicht hineinträgt.
Wie funktioniert es?
Zunächst mal muss man das Seil waschen, trocknen lassen und entwirren. Für das Flechten verweise ich gern auf die Schritt-für-Schritt-Anleitung von Edelrid. Die Technik für die Kränze und ovalen Teppiche habe ich mir selber zusammengetüftelt, die bleibt Betriebsgeheimnis 😉
Verkaufst du deine Produkte?
Ja, ich verkaufe sie zu einem sehr fairen Preis, wenn man bedenkt, wieviel Arbeit dahinter steckt: das Waschen, Trocknen und Entwirren braucht etliches an Zeit, und dann brauche ich noch einmal etwa 2-3 Stunden, um den Teppich zu knüpfen. Dabei hilft mir meistens mein Vater, weil es allein noch länger dauern würde und anstrengender wäre.
Was kann man aus alter Ausrüstung noch alles machen kann?
Aus alten Skifellen kann man Gürtel fertigen, Karabiner lassen sich zu Garderoben umfunktionieren. Im Internet findet man viele kreative Vorschläge. Ideen hätte ich viele, nur die Zeit fehlt mir dafür, sonst müsste ich mit dem Arbeiten aufhören.
Was mir so gut gefällt an der Idee, ist, dass wir dadurch zu einem Produktkreislauf zurückkehren, wie er vor dem Aufkommen der Wegwerfgesellschaft üblich war: das Seil wird vollständig verwendet und durchläuft verschiedene Nutzungsstadien, vom primären Gebrauchszweck, dem Klettern, bis zu sekundären Zwecken wie Teppiche, Abstreifer etc. Erst, wenn es wortwörtlich nicht mehr zu gebrauchen ist, also der Mantel stark abgenutzt ist oder in Fetzen hängt, wird es weggeschmissen. Was im Falle der extrem stabil produzierten Kletterseile selten vorkommt.