Die Schnürsenkelschleife verhakt sich an einem der Haken des anderen Bergschuhes; die Folge kann ein gefährlicher Stolperer sein © Stefan Steinegger
Es ist ein banales, aber ernst zu nehmendes Phänomen, das Auslöser von so manchen schweren Bergunglücken bis hin zu tödlichen Abstürzen ist – und jeder kennt es: Ein unkontrollierter Stolperer über die eigenen, losen Schnürsenkel. Und bei Bergschuhen kommt noch die Gefahr der Schnürhaken dazu: Die Schnürsenkelschleife verhakt sich an einem der Haken des anderen Bergschuhes, sodass man mit Wucht mit der Nase voraus auf dem Boden landet.
Aber: Das Problem ist eigentlich nicht der Schuh. Es liegt auch nicht an den Schnürhaken, die für Bergschuhe zum guten und stabilen Schnüren benötigt werden, sondern vielmehr sind es menschliche Faktoren, die zu Unfällen führen können.
von Stefan Steinegger (Bergeerleben 18/4)
Ursachen
Fußbereich, die ebenso leicht ein Schlampig geknüpfte, zu lange Schnürsenkelschleifen, freie Schnürhaken, da man nicht alle einbindet, oder mit einem Doppelknoten fixierte Schleifen sind die Hauptfaktoren für die genannten Stolperunfälle. In Verbindung mit einem steilen, felsigen Abstieg oder einer Gratwanderung, bei der man zwingend kleinere Schritte macht, kann ein solcher Stolpersturz auch bei einer einfachen Wanderung rasch zu einem schweren Unfall oder einem Absturz führen. Zu erwähnen ist bei uns Bergsteigern auch die zusätzliche Gefahr durch Steigeisen. Dabei ist die Verletzungs- und Absturzgefahr im Falle eines unkontrollierten Sturzes um ein Vielfaches höher.
Anregung zu diesem Beitrag lieferte der nun beschriebene Unfall einer Wandergruppe der AVS-Ortsstelle Tramin.
Nicht Fantasie, sondern Fakt
Am zweiten Tag am karnischen Höhenweg, als die Gruppe von der Porzehütte zum Hochweißsteinhaus (1868 m) wanderte, passierte es: Nachdem der etwas ausgesetztere Teil bewältigt war, landete einer der Teilnehmer unkontrolliert mit dem gesamten Körper auf der zum Glück flachen Wiese. Mit dem Kopf schlug er gegen einen Stein. Die Platzwunde am Kopf war nicht so schlimm, aber die Schmerzen in der Schulter sind noch heute, ein Jahr später, fühlbar. Nur 150 Meter vorher wäre dasselbe Szenario in einem Absturz geendet. Grund: Schlampig gebundene, lange Schleifen der Schnürsenkel und der letzte Schnürhaken war nicht eingebunden. Durch das Aufteilen des Gepäcks des Verunfallten konnte dieser dennoch die Mehrtageswanderung fortsetzen – mit sauber geschnürten und gekürzten Schnürsenkeln. Alte Traminer Bergsteiger sind eben hart im Nehmen.
Vielleicht kennt auch der eine oder andere von euch eine solche Geschichte? Oder musste selbst die Erfahrung machen? Oder auch nicht. Eigentlich erfährt man nur sehr selten von solchen Stolperunfällen. Es ist schwer abzuschätzen, wie oft unter uns Bergsteigern und Wanderern etwas derartiges wirklich passiert oder ob es eher die Ausnahme ist. Vielleicht erging es vielen von euch in eurer Kinder- und Jugendzeit gleich wie mir: Bums zum Ersten – Bums um Zweiten – Bums nie wieder! Aus Fehlern lernt man eben am besten – fürs ganze Leben.
Dennoch habe ich versucht, der Sache auf den Grund zu gehen und möchte einige einfache Maßnahmen zum Verhindern solcher Stürze aufzeigen:
Fallen © Stefan Steinegger
Was tun?
- Kürzt die Schnürsenkel auf die passende Länge, um zu große Schleifen zu vermeiden!
- Möglichst einen Doppelknoten vermeiden, denn ein richtig gebundener Schnürsenkelknoten mit zwei Schleifen sollte eigentlich ohne Es ist ein banales, aber ernst zu Extraknoten halten Stopft die Schleifen einfach unter die festgezogene Schnürung. So sind sie fixiert.
- Stülpt eventuell eure Bergsocken über Schuhe und Schnürsenkelknoten.
- Achtet darauf, dass eure lange Berghose über den oberen Schuhteil (Knoten und Schnürhaken) reicht und diesen verdeckt.
- Fixiert mit einem Textilgummiband oder Ähnlichem die Schleifen.
- Vorsicht bei weiten Hosenbeinen im Ursachen Fußbereich, die ebenso leicht ein Stolpern verursachen können; evtl. Hosenbein mit Klettband unten zusammenbinden.
Am wichtigsten ist aber: Achtet nicht nur auf euch, sondern auch auf eure Kinder! Und möchtet ihr auch eure Bergfreunde davor bewahren, auf die Schnauze zu fallen, gebt euer Wissen weiter. Bei der Traminer Wandergruppe haben auf jeden Fall alle ihre Schnürsenkelknoten kontrolliert und so einige Enden gekürzt. Nicht Fantasie, sondern Fakt
Doppelknoten vermeiden!
Auf einen Doppelknoten sollte man beim Wandern verzichten. Bei der einfachen Schnürung löst sich– im Gegensatz zum Doppelknoten – die Schlaufe, sobald sie irgendwo festhängt. Ein richtig (!) gebundener Schnürsenkelknoten (Kreuzknoten mit Schleife) sollte eigentlich ohne Extraknoten halten. Leider wird vor allem bei Bergschuhen eine runde Schnürsenkelform als Material verwendet, bei der die Schnürung weniger hält als bei einem Schnürsenkel mit abgeflachter Form. Umso wichtiger ist es, den Knoten richtig zu binden. Schaut mal selbst auf eure Schuhe und kontrolliert, ob ihr die Schleife mit dem richtigen Kreuzknoten gebunden habt oder aus Gewohnheit den Altweiberknoten macht, der sich viel leichter löst. Beide Knoten bestehen aus zwei halben Knoten. Doch während beim Kreuzknoten die halben Knoten symmetrisch liegen, haben sie beim Altweiberknoten die gleiche Orientierung. Dies führt dazu, dass die Schleifen beim Altweiberknoten nicht direkt auf den einlaufenden Enden sitzen, sondern etwas schräg. Die Reibung zwischen den Enden und den Schleifen ist an dieser Stelle geringer und der Knoten lockert sich leichter.
Den Unterschied könnt ihr auch auf Wikipedia nachlesen und der Mathematiker Ian Fieggen beschreibt den Knoten auf seiner Schnürsenkel-Webseite sehr ausführlich (in englischer Sprache). Siehe: www.fieggen.com – „Granny Knot“.