Bächlein bei Weißbrunn © Judith Egger
Nationalparkwanderung durch abwechslungsreiche Landschaften - tolle Aussicht und botanische Höhepunkte inklusive.
Von Judith Egger, Meran
Wer mit dem Bus von Meran aus nach Ulten startet, erlebt zunächst vor allem Entschleunigung: Gemütlich tuckert der Bus dahin, wendet in Lana und fährt dann die zahlreichen Kurven hoch ins Tal. Der Bus ist an einem Dienstag-Morgen im Juli nur schwach besetzt, erst im Tal kommen ein paar Touristen dazu, die ebenfalls zum Ausgangspunkt ihrer Wanderung möchten. An der Endhaltestelle in St. Gertraud steigen wir nach einer kurzen Pause in den Kleinbus um, der von Ende Mai bis Mitte Oktober mehrmals täglich nach Weißbrunn hochfährt. Der Fahrer legt auf der kurvenreichen Straße ein flottes Tempo vor, gut festhalten ist angesagt. Pünktlich spuckt der Bus seine Fahrgäste aus, die sich rasch verstreuen.
Mein Ziel ist der Nagelstein, für den Aufstieg liegen knapp 600 Hm vor mir. Ich wähle nicht den direkten Aufstieg über die Fiecht Alm, sondern wandere zunächst in Richtung Oberweißbrunn (Weg Nr. 103), biege alsbald auf den Weg zum Fischersee, dem kleinsten der Ultner Stauseen, ab (Weg Nr. 107). Der Steig führt durch lichten Wald, vorbei am Fiechtsee (interessant fürs Beobachten von Kaulquappen und Molchen, Weg Nr. 101), bald ist die Waldgrenze erreicht. Ich quer steile Hänge und erblicke das Gipfelkreuz aus der Ferne. Ab der Kreuzung mit dem Weg, der von St. Gertraud heraufführt, geht es steiler aufwärts. Der Weg (Markierung 109) bleibt schmal und erfordert Trittsicherheit. Der Blick geht immer wieder nach unten ins tief unter mir liegende Kirchbergtal.
An den steilen Bergwiesen und felsigen Hängen blühen viele alpine Pflanzen, die als Farbtupfer in der braun-grau-grünen Landschaft um die Aufmerksamkeit der bestäubenden Insekten buhlen. Das Gipfelkreuz des Nagelsteins (2.469 m) ist bald erreicht und bietet eine wunderbare Aussicht auf das Ultental mit seinen zahlreichen Höfen, sowie auf die Bergkämme, die das Tal abgrenzen.
Für den Abstieg sind knapp 1.100 Hm ins Tal nach St. Gertraud zu bewältigen. An der Wegkreuzung geht es rechts abwärts, der schmale Weg im steilen Gelände erfordert Konzentration. Nach einem kurzen Abstecher zur Gonnawand (2.029 m) mit Picknickplatz geht es weiter abwärts. Blühende Wiesen am Fuße der steilen Felswände erfreuen das Herz des Blumenliebhabers: Paradieslilie, Rotes Seifenkraut, Jupiter-Lichtnelke, Großblütiger Fingerhut mit ihren weißen, pinken und gelben Blütenfarben, und es sind noch viele mehr… Ich bin zur richtigen Zeit unterwegs, um diese Pracht bewundern zu können. Lichte Wiesen wechseln mit Wald ab, dem ich bis zu den ersten Mähwiesen bei St. Gertraud folge. Der letzte Wegabschnitt führt durchs Dorf zur Bushaltestelle am Ortseingang. Der Bus fährt im Stundentakt zurück nach Meran. Wer sich die Wartezeit vertreiben möchte, kann das Nationalparkhaus Lahnersäge besuchen.
Höhenunterschied: 580 Hm Aufstieg, 1.070 Hm Abstieg
Gesamtgehzeit: 4 h 10 min