„Weg der Freunde (VI+)“, Wildgall, Rieserfernergruppe
Erstbegehung der Route "Weg der Freunde" von Lukas Troi und Martin Stolzlechner
Die Südwestwand des Wildgalls wird von zwei großen Pfeilern gegliedert, die sich zum Südostgrat hin erstrecken. Der obere linke Pfeiler wird als „Renzlerpfeiler“ bezeichnet, während über den unteren rechten Pfeiler nun der „Weg der Freunde“ führt – eine neue Route, die Lukas Troi und Martin Stolzlechner am 01.10.23 eröffnet haben. Diese Route folgt der klaren Linie entlang der Pfeilerkante und bietet eine großartige, anspruchsvolle Freiklettertour inmitten einer wilden Umgebung.
Weg Der Freunde
Im Oktober 2022 erreicht mich an einem wolkenlosem Herbsttag ein Anruf von Martin in der Werkstatt :„Hoi Lukas, i bin grod unton Wildgoll, dou isch a gewaltigo Pfeila, den miswo unbeding probiong amo, do Fels isch Top !“ Voller Euphorie schildert mir Martin von seinen Erkundungsausflug in das wilde Kar „Im Stein“ an der Südwestseite des Wildgalls im Antholzertal. Schon vor vielen Jahren bei einer Wiederholung des „Renzlerpfeilers“ war ich erstaunt über die erstklassige Felsqualität an dieser Seite des Wildgalls. In den letzen Jahren haben Martin und ich viele der neuen Touren in Antholz wiederholt und auch selber einige neue Touren eingerichtet. Weg von den oft lauten Dolomiten mit ihren Menschenmassen haben wir in der Rieserfernergruppe unser Klettereldorado gefunden. Und jedesmal bei der Heimfahrt fiel unser Blick hinauf zum Wildgall mit seinen wilden Pfeilern hoch über dem Talgrund.
Mitte August gehen wir das erste Mal hinauf ins Kar „Im Stein“ schon beim steilen Zustieg rinnt uns durch die Hitze der Schweiß aus allen Poren.Vom AVS Alpinfond haben wir jede Menge Schlaghaken im Rucksack, der Bohrer bleibt nicht nur aus Gewichtsgründen diesmal zuhause!
Je näher ich dem Einstieg komme umso steiler wird die Wand vor uns und mir kommen Zweifel ob wir mit unseren Nägeln und Friends überhaupt vom Boden abheben. Doch der Fels zeigt sich unheimlich strukturiert und bombenfest. Seillänge um Seillänge klettern wir nach oben, wir können es fast nicht glauben das die Kletterei so schön und auch nicht extrem schwierig ist. Am Nachmittag stehen wir am ersten Turm und sehen das erste Mal den 2. Aufschwung aus der Nähe.Für diesen Tag ist sowieso Schluss aber der Weiterweg schaut sehr abweisend aus. Sehr kompakte Platten und eine Dachzone lassen einige Fragen offen…
Zwei Wochen später stehen wir wieder bei schönstem Wetter beim Einstieg , doch leider bleibt es auch beim stehen da ich eines der Halbseile vergessen habe. Ich ärgere mich maßlos, Martin nimmt es gelassen, es nützt ja nichts…Nachdem wir unser ganzes Material beim Einstieg deponiert haben treten wir etwas geknickt den Abstieg an.
Zwischen verschieden Verpflichtungen und einer Grippe vergehen wieder einige Wochen, doch der Pfeiler lässt uns mittlerweile keine Ruhe mehr. Erst Ende September gehen wir wieder den uns jetzt bekannten Steig zum Einstieg, in das Kar mit dem riesigen mystischen Stein der wie ein Wächter genau auf der Moränenkante einsam und hoch über dem Talgrund liegt. Es ist einer dieser Orte zu denen eine eigenartige Verbindung entsteht, die einem Kraft geben, wo man sich zuhause fühlt.
Voller Neugier was uns erwartet klettern wir die schon bekannten Seillängen auf den ersten Turm und queren die Rinne die zum 2. Aufschwung führt.Steile Verschneidungen und Risse ziehen direkt hinauf unter die Dächer. Entschlossen steige ich höher, wider Erwarten lässt sich die Länge recht gut mobil absichern und klettern. Unter dem Dach schlage ich drei Nägel in die Risse und richte den Stand ein. Der Weiterweg schaut schwierig aus, Martin probiert zuerst links, doch eine kompakte Platte und ein feuchter Riss unter einem Dach würden mühsame technische Kletterei bedeuten. Also zurück zum Stand. Rechts von uns ist eine senkrechte Kante die den Blick versperrt, doch laut Wandfotos müsste rechts der Kante eine Verschneidung sein….vielleicht…. Ein leicht fallender Quergang über eine 15cm breite Leiste über dem Abgrund bringt Martin hinter die Kante .Ich sehe ihn nicht mehr aber das Seil läuft langsam durch die Sicherung. Ein Nagel fährt in den Fels . Ruckweise geht das Seil, dann höre ich einen Jubelschrei, wenig später„Stand“. Voller Spannung steige ich nach, hinter die Kante und dann über eine sehr steile ausgesetzte Piazschuppe zu Martin. Wir freuen uns wie die Kinder, nie hätten wir uns träumen lassen den Dachriegel so elegant überwinden zu können.
Die nächsten Seillängen sind einfach nur noch schön.. Platten ,Risse eine steile Querung nach links und wir stehen am Ende des 2. Aufschwungs, wo der Grat dann etwas flacher zum Gipfel zieht. Leider haben wir die Schuhe am Einstieg gelassen da wir nicht gedacht haben so weit zu kommen und wenn wir weiterklettern wird abseilen fast unmöglich. Also seilen wir nochmal ab und lassen unser Kletterzeug wieder beim Einstieg.
Am 1. 10. 2023 klettern wir unseren „Weg der Freunde“ bis zum Pfeilergipfel, im Südostgrat des Wildgalls. Es war einer dieser Tage die man nie mehr vergisst, die Erfüllung unseres Traums eine schöne ,logische und lange Freikletterlinie in unserer Heimatbergen zu eröffnen.
Wir wünschen allen Wiederholern das sie etwas von dem spüren das uns dort oben nicht mehr losgelassen hat, den Hauch von Freiheit, einen Tag fern der Welt…. und so wie wir ,sich an ihre Freunde erinnern die viel zu früh schon den letzten Weg gegangen sind.
Text: Lukas u. Martin
Erstbegehung der Route "Weg der Freunde" von Lukas Troi und Martin Stolzlechner
Routeninformationen
„Weg der Freunde“
Erstbegeher: Lukas Troi und Martin Stolzlechner am 01.10.2023
Schwierigkeit: VI+
Länge: 500hm
Seillängen: 18
Felsart: Tonalit
Ausrüstung: NAA, 50m Doppelseil / kompletter Satz Friends 0,3 – 3 (gr.Blau) 0,3 bis 0.5 doppelt/ ev. einige Microfriends / Hammer
Beschreibung: Die Südwestwand des Wildgalls wird von 2 großen Pfeilern gegliedert die auf den Südostgrat ziehen und von der Hauptstraße nach Antholz gut sichtbar sind. Der linke obere Pfeiler ist der „Renzlerpfeiler“ ,über den rechten unteren Pfeiler führt der „Weg der Freunde“ auf den markanten Punkt 3005m im Südostgrat. Die Route folgt der klaren Linie der Pfeilerkante. Der Fels ist durchgehend sehr gut. Die Schwierigkeiten liegen anhaltend im V und VI Grad (VI obligatorisch) Insgesamt eine großartige lange Freiklettertour in wilder Umgebung !
Absicherung: Normalhaken, Alle Stände bis auf Einen sind eingerichtet (siehe Topo) alle nötigen Zwischenhaken stecken, es kann gut mobil abgesichert werden.
Zeit: vom Einstieg 7 bis 9 st. zum Pfeilergipfel
Anfahrt: In Antholz Obertal zum Hinterpassler Hof, am Hof vorbei bis zu einer Brücke mit Verbotsschild. (kleiner Parkplatz).
Zustieg: Der Forststraße taleinwärts bis zur großen Geröllreise des Wasserfalls folgen. Am besten in der Mitte hinauf bis man weiter oben auf die linke Seite (im Aufstiegsinn) wechseln kann. Ûber die Grassrinne links des Wasserfalls mûhsam hinauf bis an einer Grasrampe ein fixes Stahlseil und Steigspuren nach rechts hinaus an die Kante oberhalb des Wasserfalls führen. Von dort gerade neben dem Bach hinauf bis zur Quelle. Auf die andere Seite wechseln und über leichte Steigspuren Immer in Richtung des großen Steins der dem Kar den Namen gibt („Im Stein“ auf Tabacco Karte). Vom Stein gerade hoch und dann nach rechts zum gut erkennbaren Einstieg Ca. 2 St.
Abstieg: Der Abstieg erfolgt durch absteigen des unteren Teils des Wildgall Südostgrates und übersteigt bei richtiger Routenwahl den III Grad nicht. Bei Nebel wird es ohne Ortskenntnis fast unmöglich den richtigen Weg zu finden! Alle Richtungsangaben sind im orographischen Sinn zu verstehen.
Vom Gipfel links über geneigte Platten 100m abklettern, dann nach rechts in einen kleinen Sattel in Gipfelfallinie. Hinter dem Sattel leicht abklettern, und über Platten und Schutt zuerst rechts und dann wieder nach links absteigen. Auf ca. 2850m Richtung Hauptgrat nach links gehen bis zu einem großen Block mit eingerichteter Abseilstelle auf Sanduhr. 50m abseilen und unter der Wand wieder stark nach links ,leicht aufsteigend wieder auf den Grat queren. Von 2800m bis 2650m direkt den Grat abklettern (III). Dann auf markantem Grasband wieder nach rechts queren bis ein leichtes Couloir nach links in einen Sattel auf 2550m unterhalb von spitzen Felstürmen führt. Vom Sattel zuerst über Schutt rechts absteigen und zuletzt abklettern bis in flacheres Gelände 2450m ca. Wieder unter den Wänden nach links queren und ohne große Schwierigkeiten der Kante folgen bis zum Sattel auf 2100m. Von dort über Gestrüpp links hinab bis zum Bachgraben und auf eine Forststraße die zum Biathlonzentrum führt. Über den Talweg dann wieder zum Auto. Zeit: 3 st.
Anmerkung: Bis zur 6. Seillänge ist ein Rückzug leicht möglich.(Schlingen kontrollieren) Vom Ende des 2. Aufschwungs gibt es auch eine Fluchtmöglichkeit. Dazu steigt man vom Stand der 13. Seillänge südseitig ca. 50m ab und dann nach rechts bis zu einem großen Block mit Schlinge. Mit drei Abseilern zu 50m erreicht man wieder die Rinne nach dem ersten Aufschwung. Dort den Grat zurückklettern bis zum Stand der 6. Seillänge und von dort zum Einstieg. Sollte aber nur im Notfall gemacht werden.
Vielleicht wird in den nächsten Jahren eine Abseilpiste eingerichtet ,ev. Infos folgen.