Steinhütten des Rifugio Pastore © Toni Niedrist Meraner

Im Juni war eine Wandergruppe des AVS St. Pauls zwischen Piemont und Aosta, am Fuße der Monte Rosa Gruppe auf historischen Wegen unterwegs. An- und Rückreise erfolgte mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Von Toni Niedrist Meraner, AVS-Wanderführerin Sektion St. Pauls

 Unser Wandergebiet liegt im Piemont, im Naturpark Valsesia am Südfuß der Monte Rosa Gruppe. Grob gesagt befindet es sich zwischen Macugnaga und Alagna. Der 1979 gegründete „höchste Naturpark“ Europas bewahrt das Gebiet vor neuen Seilbahnen und schützt das reiche Kulturerbe der Walser, die sich im 12. Jahrhundert, vom Schweizer Wallis kommend, hier ansiedelten.

Montag, 23.06.25 – Der Start mit dem Zug in Bozen um 5:12 h mit knapper Umsteigezeit in Verona funktionierte reibungslos, auch in Mailand erwischten wir den Anschluss. In Vercelli war die Bahnfahrt zu Ende. Die Fahrkarten für die lange Busfahrt hinein nach Alagna waren bald gekauft.

Es blieb uns noch etwas Zeit, die wir in der Fußgängerzone bei einem netten Einstands-Aperitif gut ausnützten. Es war schwülheiß. Dass diese Hitze unser einziges “Problem“ werden würde, wussten wir damals noch nicht. Nach 3-stündiger Busfahrt schulterten wir um 3 Uhr nachmittags endlich unsere Rucksäcke. Es ging an Alagna vorbei, im Schlussanstieg steil hinauf zum Rif. Pastore, unserem ersten Übernachtungsort. Es war eine Ansammlung von kleinen, ganz aus Stein gebauten Hütten auf 1.600 m. Wunderschön in einem Talschluss direkt unter den Wänden des Monte Rosa gelegen. Wir fühlten uns wohl, erst recht, als ein gutes Abendessen aufgetischt wurde.

Dienstag, 24.06.25 – Wir lassen Ballast auf der Hütte, denn wir dürfen ja nochmals hier übernachten. Wir beginnen unsere sehr schöne Wanderrunde hinauf zur Schutzhütte Barba Ferrero. Diese liegt noch näher am Monte Rosa und bietet dank ihrer Höhenlage eine noch bessere Weitsicht. Außerdem war diese Hütte für uns ein Paradebeispiel dafür, wie Hütten geführt werden sollten. Wie schon gesagt, es war sehr heiß. Wir bekamen frisches Obst und Wasser zum Nulltarif – wir haben Vergleiche mit unseren Hütten angestellt…

Mittwoch, 25.6.25 – Der Tag begann mit dem Abstieg ins Tal nach Alagna und einem steilen Aufstieg in ein anderes Tal. Es ging ins Valle Otro mit seinen noch intakten Walsersiedlungen ohne Straßenzufahrt. Vielleicht haben wir diesen weltentrückten Weilern zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet, wir haben einfach nur Schatten und Wasser gesucht. Bei den letzten Walserhäusern der Fraktion Scarpia gingen wir über die Alpe Weng zum Bach hinunter und hielten im Schatten der Alpi Fairenetti eine gute Mittagsrast. Weiterwandernd, den Torrente Otro entlang, gar manchmal im Schatten des Waldes, erreichten wir den Talgrund.

Heiß und fad verlief die nächste Stunde talauswärts nach Riva Valdobbia. Rufen wir doch ein Taxi? Die Versuchung war groß, die versprochene Bar zu, der Dorfbrunnen plätscherte aber. Nach schattiger Rast ging es wieder unserem letzten Tal, dem Valle Vogna, zu. Ein Stück Steig, dann ein Teersträßchen und plötzlich lagen Kirche, Hauptplatz und Gasthof S. Antonio, ein ehemaliges Schulhaus, vor uns. Abendessen und  Unterbringung waren nicht überwältigend, einsam, guter Durchschnitt.

Donnerstag, 26.6. – Einst war das Valle Otro gut besucht, denn es war eine wichtige Station auf der Handelsroute Mailand-Lyon. Auch mancher Auswanderer aus dem bitterarmen Sesiatal nutzte den Übergang, um in Frankreich Arbeit zu suchen. Auf dem Joch dieses historischen Übergangs auf 2.550 Metern, dem Colle Valdobbia, wurde schon im Jahre 1833 ein Herberge zum Schutz gegen die eisigen Winterstürme errichtet. Genau in dieser Herberge wollen wir unsere letzte Nacht verbringen. Zunächst lag ein respektabler Aufstieg von 1.300 Höhenmetern vor uns.

Eine Kaltfront war für diesen Tag vorhergesagt, aber durch den Wirt bekamen wir einen präzisen Schweizer Wetterbericht, und er sollte recht behalten. Wir meisterten den Aufstieg alle gut. Freilich ging manch sorgenvoller Blick zu den immer schwärzer und drohender werdenden Wolken, das Wetter hielt jedoch. Eine halbe Stunde, nachdem alle die Hütte erreicht hatten, brach das Unwetter los: Sturm, Hagel, Graupel, Nebelfetzen. Die Natur zeigte uns, was sie kann. Unsere Unterkunft war sehr bescheiden, aber wir waren uns der Geschichtsträchtigkeit dieses historischen Hospizes bewusst und froh darüber, dass sich ein junger Mensch zum Bewarten dieser Hütte hergab. Er meisterte alles mutterseeelenallein.

Freitag, 27.6.25 – Es kamen nur mehr Abstiegsmeter unter die Füße. Der alte Walserweg, den wohl viele schon mit wehem Herzen gegangen waren, war auch für uns ein guter Abstiegsweg. Er führte uns hinunter nach St. Jean im Gressoneytal (Aosta). Bus und Zug brachten uns dann wieder wohlbehalten ins Überetsch.

Kein Kratzer, keine Verletzungen, aber viele neue Eindrücke und Gegenden, Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten, Rücksichtnahme – all dies macht aus einzelnen Personen eine gute Gruppe. Sie hat auch manche Unannehmlichkeit der öffentlichen Verkehrsmittel locker wegsteckt. Es waren Tage, an denen wir nicht aneinander vorbeigelebt haben, sondern die wir in vollen Zügen gelebt und auch genossen haben.

Eindrücke von der Mehrtageswanderung im Piemont © Toni Niedrist Meraner AVS St.Pauls