„Hotzenplotz‘s Nase (VI-)“, Mont de Seura, Val de Chedul
Erstbegehung der "Airliner " © Peter Manhartsberger, Sabrina Ortner und Klaus Grössinger

Im September 2014 eröffneten die Brüder Georg und Thomas Mair eine Route am Mont de Seura im Val de Chedul. Im Juli 2015 wurde die Tour von ihnen im Nachhinein nochmals eingenagelt, die Schwierigkeit der insgesamt 6 Seillängen liegt zwischen 5 und 6. Die Tour liegt etwas abseits vom ganzen Massenansturm und ist somit eine kleine aber feine Alternative zu manch überlaufenen Routen.

Der Wunsch, eigene Spuren in den Dolomiten zu hinterlassen, war bei meinem Bruder und mir schon immer groß, somit ist die Idee einer Erstbegehung schnell entstanden. Nur ein Ziel gab es bis dahin noch nicht. Bei einer Skitour im Frühjahr entdeckte Georg diesen schönen Turm und hat dabei auch schon eine interessante Linie ausgemacht.
So haben wir uns dann im Sommer nochmals zusammengesetzt, um die damals gemachten Fotos genau zu studieren, wo man eine mögliche Route erschließen könnte. Diese sollte aber für unser doch recht bescheidenes Kletterkönnen auch machbar sein. Einige Tage später haben wir uns früh morgens getroffen und sind mit dem Auto zum Grödnerjoch gefahren. Nach ca. 1,5h waren wir beim Einstieg. Es ist ein sehr komisches Gefühl in eine Wand einzusteigen ohne zu wissen, was einen auf den nächsten Klettermetern erwartet, aber gerade das macht bei einer solchen Unternehmung den Reiz aus.

Georg beginnt die erste Seillänge, mit einer großen Menge an Friends und Keilen bewaffnet arbeitet er sich höher und steht nach kurzer Zeit auf einem breiten Band. Von dort höre ich ihn den ersten Nagel schlagen und kurz darauf erhalte ich das Zeichen, dass er Stand hat. Ich steige nach. Mir wird schnell klar dass die Wand von unten herauf flacher aussah als sie wirklich ist. Ich muss ganz gut zupacken, um nicht aus der steilen Wand zu fallen. Über Risse, Platten und ein paar labile Türmchen klettere ich höher und erreiche nun auch den Stand.

Nun trifft es mich die nächste Seillänge vor zu steigen. Es wird mir gleich klar, weshalb Georg mich lächelnd ansieht und mir viel Spaß wünscht. Schon der Blick allein auf die nächsten paar Klettermeter lässt mich erkennen, dass es nicht einfach werden wird. Schwerer darf es auf keinen Fall mehr werden! Behutsam steige ich höher bis zu einem kleinen Vorsprung, die darauffolgende „Nase“ muss ich rechts umgehen, da sich nur dort die Möglichkeit bietet, meine mobilen Sicherungsgeräte gut zu platzieren. Nachdem ich das steile Stück überwunden habe, gibt mir die Wand den einzigen möglichen Routenverlauf vor. Nach rechts. Ich kämpfe mich über den steilen Riss weiter, mit dem Vertrauen der guten Sicherungen und der Aufmerksamkeit meines Bruders. Von nun an wird es flacher und ich bin erleichtert nach der großen Anspannung der letzten senkrechten Metern. Ich versuche nun einen geeigneten Stand zu finden aber je höher ich hinauf komme, desto schlechter werden die Plätze für einen solchen. Das Seil muss auch so langsam zu Ende sein, aber endlich finde ich eine geeignete Stelle, ich schlage zwei Nägel verbinde sie mit einer Bandschlinge und hänge mich hinein. Ich gebe Georg das Signal dass ich Stand habe und sichere ihn dann nach. Es dauert doch ein wenig bis er bei mir angekommen ist, er gratuliert mir zu meiner guten Vorstiegsleistung, was mich auch sehr stolz macht.

Nun ist er wieder dran, der nächste Abschnitt verspricht zuerst eine steile Platte und einen anschließenden kurzen, aber anstrengenden Quergang nach links. Von hier unten sieht das Ganze nicht so leicht aus, kleine Leisten, schlecht abzusichern und alles ein wenig unübersichtlich. Aber Georg macht das großartig und klettert ohne große Schwierigkeiten hinauf, nach dem Quergang steigt er auf eine Schulter auf und nun kann ich ihn schon nicht mehr sehen. Er muss fast laufen, so schnell wie ich ihm weitere 25m Seil ausgebe. Jetzt bekommt das Seilkommando von meinem Bruder, dass er Stand hat und Ich versuche mich im Nachstieg etwas zu beeilen, da das Wetter umzuschlagen droht. Die einzelnen Passagen dieser Seillänge probiere ich so schnell wie möglich zu überwinden, auf der Schulter sehe ich dass der Rest dieser Seillänge durch einfaches Gehgelände verläuft und so bin ich kurz darauf bei meinem Bruder angelangt. Dieser hat unmittelbar unter einem breiten Kamin Stand gebaut, sogleich wird mir klar was er mir damit sagen will. „Thomas du darfst diesen Kamin vorsteigen!“

Julie im Vorstieg der dritten Länge

Aber Worte sind hier überflüssig, es ist die logische Linie die in diesen Kamin hinauf zieht, also muss ich dort hinauf. Ich nehme alle Sicherungsgeräte an mich und klettere los. Zuerst klettere ich viel zu weit in den Kamin hinein, bis ich mich überwinde einen großen Spreizschritt zu machen. Nun geht es viel einfacher und dort wo der Kamin zu breit wird, klettere ich nur noch auf der rechten Seite. Dann geht es weiter durch einige labile Blöcke und plötzlich stehe ich am höchsten Punkt dieses Turmes, genau dort befindet sich ein gutes Köpfchen an welchem ich sichere und Georg nachsteigen lasse. Rasch ist er bei mir am Gipfel, wir fallen uns in die Arme und gratulieren uns gegenseitig zu dieser tollen Tour.

Der Abstieg ist schnell gefunden, wir folgen einigen Steinmänner nach rechts und dann geht es die erste große Schuttrinne hinunter. Nach nicht mal 30 Minuten sind wir wieder am Wandfuß, von dort geht es wieder mit einem kurzen Gegenanstieg auf die Forcella Cier zurück zum Auto.

 

Auf Anraten eines Freundes haben wir die Tour am 05.07.2015 nochmals nachgenagelt und alle Stände und deren Abstände etwas verbessert. Auch die Wand in den einzelnen Seillängen wurde etwas gesäubert, alle damals geschlagenen Nägel wurden in der Tour gelassen.
Erstbegehung der "Airliner " © Peter Manhartsberger, Sabrina Ortner und Klaus Grössinger

Routeninformationen

„Hotzenplotz‘s Nase“
Mont de Seura (2548m) – Val de Chedul
Erstbegehung 14.09.2014 durch Georg Mair und Thomas Mair

Zustieg:

Vom Grödner Joch vorbei an der Jimmy-Hütte und hinauf zur Forcella Cier, von dort folgt man absteigend den Steigspuren in Richtung Westen (Langental). Der „Mont de Seura“ ist der letzte Ausläufer auf der orografisch rechten Talseite, am besten quert man im Chedultal die Wiesen hinüber bis zum Einstieg.
Vom Grödner Joch: ca. 450Hm / 1 ¼ h
Alternativ vom Langentalparkplatz: Weg Nr.12 ca. 750Hm / 1 ½ h
Seillängen: 6 / Schwierigkeit: VI- / Zeit: 3-4h / Höhenmeter: ca. 180m / Kletterstrecke: ca.220m
Die Tour ist mit Normalhaken und Sanduhrschlingen abgesichert

Benötigte Ausrüstung:

Normale alpine Ausrüstung mit einer kleinen Auswahl an mittleren Friends

Abstieg:

Den Steinmännern in Richtung Osten folgen und dann die erste große Schuttrinne absteigen, ca. 30 Minuten zum Wandfuß und 1h zurück zum Auto.