„Hinterm Horizont (VIII-/ VII+ obl)“ Furcia Rossa Südwand, Gadertal
Erstbegehung der Route "Hinterm Horizont" © Simon Kehrer und Hubert Eisendle

Simon Kehrer und Hubert Eisendle haben mit ihrer Tour "Hinterm Horizont" eine weitere Erstbegehung im zentralen Teil der verborgenen Südwand der Furcia Rossa inmitten der Fanesgruppe erfolgreich eröffnet.

Öfters, wenn man am Abend in einer Bergsteiger-Runde beisammen saß, fiel das Gespräch auf die Möglichkeiten von Neutouren in den Dolomiten und es tauchte dann immer wieder die Frage auf, ob es in den Dolomiten noch unbestiegene Wände gibt oder geben könnte.Wir kamen dann meistens auf den Punkt, dass die lohnenden Wände bereits erstiegen seien oder der Fels meistens zu brüchig sei.

Sehr erstaunt war ich dann, als Simon eines Tages das Foto eines wunderschönen Berges mit einer steilen, einladenden Wand schickte und meinte, dass diese Wand noch nicht bestiegen sei. Ungläubig fragte ich gleich zurück ob er sich da sicher sei. Er meine ja, aber das könne man nur herausfinden, wenn man selber hingehen und schauen würde, war seine Antwort. Da wir nun mal neugierig sind, dauerte es nicht lange und Wir stiegen vollbepackt über das Joch neben der Furcia Rossa ins Travenanzestal ab und über alte Kriegspfade und Gamsspuren gelangten wir unter diese geheimnisvolle Wand.Die Sonne schien warm und ließ die Wand hell erstrahlen, als wir staunend und mit offenem Mund das erste Mal die Wand erblickten.Wir waren geflashed von Ihrer Schönheit! Solche Farben und Felsformen hatten wir uns nicht erwartet.

Da reihten sich graue Plattenpanzer an helle weiße Überhänge, die dann in rötliche, gelbe oder braune Risse mündeten und in einer ungemeinen Steilheit und Exposition nach oben führten.Unsere Herzen schlugen schneller. Wir hatten wirklich die einzigartige Möglichkeit, jede Linie in dieser Wand als Erstbegeher zu klettern.Wir setzten uns erst mal hin, um uns wieder zu beruhigen und staunten nur über den Ausblick ins Travenanzes Tal und hinüber in die Tofana Gruppe. Wir saugten die ganz spezielle Atmosphäre dieses unglaublichen Ortes in uns auf und wollten eigentlich nur, dass dieser Augenblick nie vergeht.Bis ein Furz vom Simon uns in die Wirklichkeit zurückholte.

Vom Gas noch ganz benommen studierten wir die Wand. Sie war steiler und plattiger als wir gedacht hatten. Auch der Fels war nicht überall fest. So entschieden wir den flacheren rechten Teil der Wand anzugehen. Es entstand so die Route „Princess Soreghina“ Eine sehr schöne Tour mit einer sehr schwierigen Plattenseillänge.Aber vor unserem eigentlichen Ziel hatten wir gekniffen! Den offensichtlichen zentralen Riss, der direkt auf den Gipfel mündet, das war die logische Linie in dieser Wand. Es war also nur eine Frage der Zeit bis wir den Mut aufbrachten, das wirklich große Problem der Wand anzugehen.

Am 27. Oktober, einem schönen Herbsttag, war es dann so weit. Ich stieg in die Verschneidung in der Mitte der Wand ein und nach 40 Metern mit etwas brüchigem Fels querte ich, an einem Bohrhaken gesichert, unter einem Dach nach links auf einen Absatz und machte Stand.Dann kam Simon nach und kletterte gleich über einen kleinen überhängenden Wulst und nach einem langen links Quergang über ein Band auf ein darüberliegendes Band, wo er dann einen Standplatz einrichtet. Ab hier lag nun ein Fragezeichen vor uns. Der große graue Plattenpanzer, der die Wand in der Mitte dominiert, versperrte den Weg.Ich probierte es also, waagrecht nach rechts, um zu den flacheren Stellen der Wand zu gelangen und schlich mich dann langsam durch die Platten nach oben. Die Kletterei war schwierig, aber gesichert von Bohrhaken kam ich gut voran. Es sollte die schwierigste Seillänge in dieser Tour werden! So schaffe ich es zu den großen Riss- und Kaminsystem zu gelangen, das uns bis zum Gipfel leiten sollte.

Obwohl wir eine offensichtliche Linie vor uns hatten, schaute der Weiterweg alles andere als leicht aus. Und es sollte auch nicht einfach werden! Wir kletterten noch 2 Seillängen über den Riss hinauf, der immer sehr steil und teils auch brüchig blieb, bis wir unter einem neuerlich überhängenden Aufschwung Stand machen. Nun probierte Simon, nach links über eine steile Wand sein Glück, aber es wurde so schwierig, dass er wieder zurückkam. Also deponierten wir etwas Material und seilten uns ab, weil es schon spät war. Für dieses Jahr würde der Winter Einzug halten. Fast genau ein Jahr später – am 26. Oktober – standen wir wieder an derselben Stelle. Diesmal probierten wir aber rechts über einen kleinen Pfeiler wieder in das Riss-System zu kommen. Es gelang! Und so schafften wir es, immer wieder über schwierige Boulder-Aufschwünge nach oben zu kommen. Die letzte Seillänge führte noch kurz nach links auf einen Grat, der dann zum Gipfel führte, wo wir schließlich kurz vor Sonnenuntergang eintrafen.

Dort wurde uns bewusst, dass uns hier eine sehr schöne und anspruchsvolle Tour gelungen ist. Dankbar saßen wir dann auf der Gipfelbank und genossen beim Verzehren des letzten Proviants den Sonnenuntergang.Als wir uns dann im Abstieg von der mittlerweile vertrauten Furcia Rossa befanden, sinnierten wir über einen Namen für die Tour. Wir beschlossen, die Route auf „Hinterm Horizont“ zu taufen. Denn diese Route in einer unbestiegenen Wand war nur möglich, weil sie versteckt hinterm Horizont und somit aus dem Blickfeld unserer Augen lag.

Und vielleicht ist diese Route auch ein Ansporn für uns in Zukunft, etwas öfter hinter den Horizont zu schauen.

Hubert Eisendle

Erstbegehung der Route "Hinterm Horizont" © Simon Kehrer und Hubert Eisendle

Routeninformationen

Erstbegeher: Simon Kehrer und Hubert Eisendle im Jahr 21/22

Schwierigkeit: VIII- (VII+ obbl)

Länge: 340m / 10 Seillängen

Zeit: 5-6 Stunden

Absicherung: Bohrhaken/ Normalhaken / Klemmkeile

Material: NAA/ 10 Express / 1 Satz Friends bis Gr. 3 BD ev. auch Gr. 4 BD

Zustieg: Von der Groß Fanes Alm den Weg nr. 17 bis zu einer Gabelung Folgen, hier links weiter über den Friedensweg bis auf circa 2450 m. Nun den schwer ersichtlichen Steig unterhalb den Felsen nach rechts folgen, bis auf 2600 m. Hier circa 100 m vor dem Einstieg des Klettersteigs die markante Scharte zwischen Furcia Rossa II und Furcia Rossa III erreichen. Von hier 60-70 Hm südseitig absteigen, zuerst links halten über kriegssteige dann die Rinne nach rechts (westen) überqueren, hier circa 200m unterhalb der Wand queren bis zum Einstieg. Ca. 1 1/4 bis 1,1/2 Stunden

Abstieg:

om Gipfel gibt es 2 Möglichkeiten. Entweder die kürzere Variante, über den Friedensweg zuerst nord – westseitig ca. 100 m absteigen, dann total nordseitig über den breiten Rücken über einen alten nicht markierten Steig mit links und rechts Trockenmauern absteigen, bis auf 2300m, wo nochmals ein kurzer Klettersteig ist und dort befindet sich auch die Gabelung zwischen Friedensweg und Weg nr. 17 von hier zurück zur Gr. Fanes Alm. Ca. ( 1 1/4 Stunden )

Oder man steigt zuerst nord – westseitig ab und folgt dann den Steig ostseitig zurück zum leichten Klettersteig, klettert diesen ab und erreicht in kürze die Scharte auf 2600 m, zwischen Furcia Rossa Il und Furcia Rossa III und folgt den Weg zurück zur Gr. Fanes Alm. ( Ca 1 1/2 Stunden )