Bauarbeiten © Heimatpflegeverband Südtirol

In Südtirol werden trotz Klimawandel und Energiekrise weiterhin Skilifte gebaut und Pisten verbreitert. Das jüngste Beispiel: das Skigebiet Klausberg im Ahrntal, wo das Projekt zur Erneuerung der Aufstiegsanlage Sonnenlift eine Verschiebung der Bergstation und damit einhergehend neue Pisten oberhalb der bestehenden Infrastrukturen beinhaltet. Das umstrittene Projekt wurde vor wenigen Wochen von der Landesregierung genehmigt – trotz negativen Gutachtens des Umweltbeirats. Südtirols Umwelt- und Alpinverbände kritisieren das Vorgehen und fordern eine Überarbeitung des landesweiten Skipistenplans.

Bozen, 7. November 2022

Pressemitteilung des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz zusammen mit dem Alpenverein Südtirol, Club Alpino Italiano, Heimatpflegeverband Südtirol und Mountain Wilderness

Der Fall Klausberg

In diesen Tagen sind die ersten Bagger aufgefahren, um mit dem Bau einer neuen Umlaufbahn im Skigebiet Klausberg zu beginnen. Das Projekt, das von der Klausberg AG zum Jahresende 2021 zur Erneuerung der Aufstiegsanlage „Sonnenlift“ mit Erweiterung der zugehörigen Skipisten eingereicht wurde, sah die Verlegung der Tal- und Bergstation sowie die Errichtung von 14 Hektar neuer Pisten vor. Hierzu waren 18 Hektar Waldrodung vorgesehen, außerdem 250.000 m3 Materialabtrag und ebenso viel an Aufschüttungen sowie Tausende von Quadratmetern meist sehr hohen Stützmauern.

Die Umweltverbände haben bereits im Frühjahr 2022 mehrere Eingaben eingereicht und das Projekt in Frage gestellt. Vor einigen Wochen hat die Landesregierung das Projekt dennoch einstimmig genehmigt, obwohl die Entscheidung im klaren Widerspruch zur Empfehlung des Umweltbeirats fiel.

Klare Position des Umweltbeirats

Der Umweltbeirat des Landes hatte das Projekt nämlich als „stark überdimensioniert“ bezeichnet und kritisiert: „Die neue Position der Bergstation, wie auch die neuen Pistenflächen berücksichtigen in keiner Weise das Landschaftsbild und die gegebene Morphologie. Die Durchführung dieses Projektes würde unverträgliche und dauerhafte Auswirkungen auf das Landschaftsbild mit sich bringen, wodurch nicht nur die vorhandene Fauna und Flora stark beeinträchtigt würden, sondern auch die touristische Nutzung und den Erholungswert der gesamten Zone verschlechtert würde. Die vorgeschlagenen Milderung- und Ausgleichsmaßnahmen sind im Vergleich zu den negativen Auswirkungen nicht relevant.“

Die Verlegung der Bergstation fiel im Gutachten aufgrund eines „unverhältnismäßigen Flächenverbrauchs“ aber auch aus Sicherheitsgründen durch: Das Gelände sei geologisch instabil.

Problem Skipistenplan

Obwohl der Umweltbeirat einer fundierten Argumentation folgt, hat die Landesregierung das Gutachten übergangen und das Projekt genehmigt. Begründung dafür gab es keine, auffallend war nur, dass die Veröffentlichung des Beschlusses ganze dreieinhalb Wochen dauerte, wo normalerweise wenige Tage reichen. Der Landesregierung spielt in die Karten, dass die Verlegung des Lifts bereits 2010 in den kommunalen Bauleitplan eingetragen wurde. Die Eintragung in den Bauleitplan wurde dann vom landesweiten Skipistenplan übernommen und genau hier verorten die Umweltverbände das Problem.

Der „Fachplan für Aufstiegsanlagen und Skipisten“ beinhaltet weitläufige Skizonen in der Nähe bestehender Strukturen, innerhalb derer Pisten und Lifte ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sind. Der Skipistenplan ist zwar keine zehn Jahre alt, die darin enthaltenen Projekte wurden aber teilweise vor rund 20 Jahren angedacht, als der Klimawandel noch ein Szenario einiger einsamer Rufer in der Wüste war. Vieler dieser Projekte haben heute aufgrund des galoppierenden Klimawandels ihre Berechtigung verloren. Das Problem aber ist: Eingriffe die vom Skipistenplan umfasst werden sind grundsätzlich genehmigungsfähig, sodass sich die Landesregierung offensichtlich dazu ermächtigt sieht, wie im Fall Klausberg eine Genehmigung auch entgegen der Beurteilung des Umweltbeirates und ohne Begründung zu erteilen.

Landes-Klimaplan ernst nehmen

Der Fall Klausberg dürfte nur einer von mehreren sein. In manchen Fällen geht die Landesregierung sogar über den Skipistenplan hinaus und ermächtigt sogenannte „ergänzende Eingriffe“ – de facto eine nachträgliche Erweiterung des Skipistenplans ohne jegliches Gesamtkonzept. Demnächst steht die Entscheidung über die komplette Verbauung des Kleingitsch in Meransen an – auch dort hat der Umweltbeirat ein gänzlich negatives Gutachten zum Projekt abgegeben, nachdem bereits die Machbarkeitsstudie zum ergänzenden Eingriff vom Umweltbeirat negativ begutachtet worden war – die Genehmigung der Landesregierung erfolgte trotzdem. Und im Skigebiet Sulden genehmigte die Landesregierung den Anschluss der Ortler-Ronda durch das Projekt der neuen Hintergrat-Seilbahn und die damit verbundene neue Piste, die eine Moräne von großem ökologischem Wert zerstört und das mitten im Nationalpark Stilfser Joch.

Nimmt die Landesregierung ihren Klimaplan ernst, ist jetzt Handeln zwingend notwendig. In Zeiten von Energiepreissteigerungen und Klimawandel sind Entscheidungen wie in Klausberg nicht nachvollziehbar und stehen im klaren Widerspruch zur Nachhaltigkeitsstrategie des Landes. Wann soll die Strategie in die Praxis übergehen, wenn nicht jetzt?

Die Umweltverbände unterstützen daher die klare Haltung des Umweltbeirates und kritisieren die neuerliche Missachtung der eigenen Fachleute. Wir fordern die Überarbeitung der des landesweiten Skipistenplans, damit solche gestrigen und energieintensiven Projekte nicht mehr möglich sind – zum Wohle der Steuerzahler und zum Wohle unserer Enkelkinder.