„Follie Belliche (7b+/6c+ obl.)“, Cima Ceremana, Lagorai
Erstbegehung der "Follie Belliche" © Rolando Larcher und Luca Giupponi

Rolando Larcher und Luca Giupponi sind eine eingespielte Seilschaft. Diesen März haben sie in der abgelegenen Lagoraigruppe im Trentino eine neue Route in bestem Porphyrgestein eröffnet.

„Die Lagoraigruppe ist eine Gegend, die mich immer schon gereizt hat. Die Abgeschiedenheit und die Almen erinnern an mein Heimgebiet, die nördliche Brenta. Nur ist nicht Kalk das dominante Gestein, sondern der für uns ungewohnte Porphyr. Auf die Idee für die Erstbegehung brachte uns Alessandro Beber, ein junger Bergführer und Autor von DoloMitiche, als er vor einigen Jahren in dieser Gegend ein Klettertreffen für junge Alpinkletterer veranstaltete. Bei dieser Gelegenheit eröffnete er drei Routen bis zum oberen VII. Schwierigkeitsgrad im traditionellen Stil an der Südwand der Cima Ceremana.

Die neue Route entsteht
Im Herbst 2013 fanden Rolly und ich endlich die Zeit, das Projekt anzugehen. Von San Martino di Castrozza aus gingen wir von der Ces-Alm zur Scharte Valgigolera. Gleich hinter der Scharte rechts, gegenüber der Cima Valgigolera, befindet sich die Wand für unser Vorhaben. Ende August waren wir das erste Mal in der Wand geklettert und der Fels war für uns zu Beginn wirklich gewöhnungsbedürftig. Bald aber wussten wir die großzügigen Felsformationen zu nutzen und konnten die neue Route bereits am zweiten Klettertag, Ende September, fertig klettern. Die alpine Klettersaison war für dieses Jahr schon zu Ende, und so mussten wir die freie Begehung auf das kommende Jahr verschieben. „Überwintert“ haben wir dieses Jahr in Venezuela, wo uns nach wertvollen Tipps und Tricks von Bergführer Helli Gargitter eine schöne Route auf den Acopan Tepui gelang.

Erstbegehung im Winter
Dem Winter waren wir aber nicht ganz entflohen, denn als wir wieder zurück aus Übersee waren, lag bei mir zu Hause immer noch über einen Meter Schnee. War wohl nichts mit Ski wegräumen! Da kam mir plötzlich die Idee, dass wir den Sessellift von der Ces-Alm im Winter doch nutzen könnten, um uns den Zustieg zur Valgigolera-Scharte zu verkürzen, und dass so eine Erstbegehung unserer neuen Route jetzt schon möglich wäre. Rolly war leicht zu überzeugen und bei ausgezeichnetem Wetter konnte ich so einen meiner bisher schönsten Klettertage erleben. In nur 50 Minuten erreichten wir den Wandfuß (1,30 Std. im Sommer). Die Temperatur war ideal, die Wand zum Großteil ausgeapert (bis auf ein Schneefeld zwischen der 1. und 2. Seillänge). Nur der Einstieg in der ersten Seillänge lag ungefähr 15 Meter höher als im Sommer. Die Abfahrt mit den Skiern am Abend, nach getaner Kletterei, war vom Feinsten.

Die Route und ihr Namen
Die Kletterei im Prophyrgestein war sehr abwechslungsreich. Neben plattigen Seillängen gibt es Überhange mit Untergriffen (2. Seillänge), einen überhängenden Riss (5. Seillänge) und Kanten und Verschneidungen. Die Risse sind wir mit mobilen Sicherungen geklettert; die Stände sind mit Bohrhaken ausgestattet und auch in der restlichen Route gibt es einige Bohrhaken. Am Gipfel herrschte herrliche Ruhe. Wir schauten den Gipfelgrat und dem Gebirgskamm entlang und konnten nicht glauben, dass hier vor hundert Jahren die heiß umkämpfte Dolomitenfront verlaufen war. Cima Ceremana war damals eine Kampfzone, wo Menschenleben nicht nur den Granaten zum Opfer fielen, sondern auch den Lawinen und der Kälte. In Erinnerung an den Ersten Weltkrieg, aber der Absurdität aller Kriege gedenkend, lag der Namen für die Route auf der Hand: Follie Belliche – kriegerischer Wahnsinn.

Luca Giupponi, aufgezeichnet von Ulla Walder

Erstbegehung der "Follie Belliche" © Rolando Larcher und Luca Giupponi

Routeninformationen

Länge:
330m
Schwierigkeit:
7b+ max, 6c+ obbl.
Erstbegehung:
13. März 2014 (30/08 und 21/09/2013)
Erstbegeher:
Rolando Larcher und Luca Giupponi
Technische Details:
siehe Skizze
Buchtipp:
Daniele Lyra, Le malghe in Lagorai