„Hoppetosse (IV)“, Schwarzwand, Glaning, Bozen
Erstbegehung der "Hoppetosse" © Peter Warasin und Johannes Kaufmann

Die Porphyrwände Bozens locken immer wieder Alpinkletterer an. Die beiden jungen Kletterer Peter Warasin und Johannes Kaufmann kletterten diese Linie im März 2018, mit dem Fokus, eine leichte Route für Wiederholer zu schaffen

Im späten Herbst, wenn es in den Dolomiten zu kalt ist um zu klettern und noch kein Schnee liegt, der die Entscheidung zwischen Klettern und Skitouren schwierig macht, treibt es uns oft nach Arco und ins Sarchetal. Wenn das Wetter aber nicht so besonders mitspielt und wir womöglich umsonst den Weg nach Süden antreten würden, dann kommen uns die wenigen Klettertouren im Bozner Talkessel sehr gelegen. Einige davon sind Südseitig gelegen und somit für diese Periode bestens geeignet. An einem solchen Tag stiegen wir in die “Villa Kunterbunt” an der Schwarzwand bei Glaning ein.

Am Wandbuch auf einer breiten Terrasse angekommen, entdeckten wir links davon einen Riss, der sich von weiter unten bis zu uns herauf zieht. Rechts davon würde der Weg in leichterem Gelände weiterführen und irgendwie würde man sicherlich bis zum Ausstieg ganz nach oben kommen. Die Linie sieht logisch aus und folgt dem schwächsten Verlauf der Wand. Nur vom Wandfuss bis zu diesem Riss ist nicht klar ob es überhaupt möglich ist zu klettern. Das Gelände sieht nicht schwierig, aber sehr plattig aus. Trotzdem, der Entschluss es zu versuchen war gefasst.

Die Touren in Bozner Umgebung sind eigentlich alle eher schwieriger. Es gibt eigentlich nichts ganz einfaches. Eine leichte Tour würde somit wunderbar in die Auswahl der bereits bestehenden Touren passen.

An einem warmen Novembermorgen gings los. Am Gurt hängt diverses Sicherungsmaterial, Hammer, Normalhaken aller Formen und Farben, aber auch Spits, Schlüssel und ein Akku-Schlaghammer. Wir haben uns von vornherein darauf geeinigt dass wir die Stände sowieso bohren werden, um wenigstens sie so sicher wie möglich zu gestalten.

Etwas skeptisch stiegen wir zum Wandfuss empor. Oje! Diese Platten am Start lassen nichts gutes vermuten. Eigentlich wollen wir eine Alpinklettertour eröffnen und Spits nur dann anbringen, wenn es einfach nicht anders geht. Aber werden wir überhaupt was zum Absichern finden oder werden wir gezwungen sein, uns von unten nach oben bohrend durchzuschlagen? Das Gelände sieht sehr einfach aus. Es wird wohl etwas im IV. Schwierigkeitsgrad oder noch einfacher werden. In diesem Grad wäre bohren wohl etwas witzlos.
Ob wir es wohl doch lieber sein lassen sollen? Ach was! Wir probieren es einfach mal. Schlimmstenfalls schlagen wir halt alles wieder raus und schleichen uns still und heimlich in die nächste Bar.
Gesagt getan. Der Start war etwas holprig. Zwischen dem Dickicht musste man sich erst mal durchschlagen. Hie und da kam doch ein dünner Ast zum Sichern zur Hilfe. Doch was ist das: Ein Spalt. Pling, Pling, Pling. Erster Haken versenkt. Unglaublich. Na gut, die Bar wird warten müssen. Weiter geht die Tour!

Die Wand gibt vor wohin es gehen soll. Dort wo man am leichtesten klettern kann und es am ehesten abzusichern geht, dahin lassen wir uns von ihr führen. Direkt nach dem Haken ein Riss an dem man sich gut halten kann. Unter dem Dach findet gerade noch so der kleinste Friend Platz den wir bei uns tragen. Die Platten zwingen uns nach rechts zu queren. Noch ein Friend sichert den Weg weiterhin ab. Rechts davon fällt bereits ein Absatz auf der prädestiniert ist für den ersten Stand. Zwei Spits werden versenkt. Stand! Wow! Wer hätte das gedacht dass wir in diesem plattigen Gelände überhaupt was anbringen können.

Tatü-tataa. Das Krankenhaus unter uns meldet sich. Immer wieder hört man Sirenen erklingen, Autos hupen, Menschen schreien oder sogar einfach nur reden. Wenn man nicht genauer hinhört, vermischen sich die Töne der Stadt zu einem dichten Brummen das bis zu uns vordringt. Trotzdem ist der Stadtlärm weniger störend als z.B die Motorräder auf den Passstrassen in den Dolomiten. Wir drehen uns um und haben einen wunderbaren Ausblick über die ganze Stadt.

 

Die erste Seillänge war wider erwartens geschafft und vielmehr, sie war sogar schön. Wir müssen weiter! Doch so schön und überraschend die erste Seillänge war so enttäuschend und gar grauenhaft war der weitere Weg. Dreckig, brüchig, sandig, keine Möglichkeit der Absicherung. Irgendwie ging es dann trotzdem nach oben und nach einigen Fehlversuchen weiter zum nächsten logischen Standplatz.

Doch so können wir diese Seillänge unmöglich belassen. Ob wir es doch alles sein lassen sollen? – Kommt nicht in Frage, die erste Seillänge ist zu schön dazu. Es gibt potential.

Wir suchen mehrere Alternativen und entscheiden uns dafür in einer stabilen kompakten Platte zwei Bohrhaken anzubringen um so in Gelände vordringen zu können in welchem der Fels stabiler ist und die Absicherungsmöglichkeiten gegeben scheinen. Drei Haken versenkt, die Seillänge ist gerettet!
Wir stehen vor dem Riss, welcher uns überhaupt dazu verleitet hat hier hochzuklettern. Doch vor uns erstreckt sich ein Meer aus Moos. Hier werden wir im Sommer wohl viele Abendstunden mit putzen verbringen müssen. Das Moos versperrt zwar den Kontakt mit dem Fels, aber die natürliche Beschaffenheit dieser Seillänge erlaubt uns auch so hochzuklettern und auf der einladenden Terrasse mit dem Wandbuch der „Villa Kunterbunt“ zu pausieren. Fast spielen wir mit dem Gedanken das Moos einfach zu belassen, aber ob unsere eventuellen Wiederholer damit eine Freude hätten?

 

Die restlichen zwei Seillängen sind ein Kinderspiel und bald schon stehen wir oben am Ausstieg auf einer breiten Aussichtsplattform und genießen zufrieden die Aussicht auf die Stadt.
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Erstbegehung der "Hoppetosse" © Peter Warasin und Johannes Kaufmann

Routeninformationen

Schwierigkeiten:
IV
Erstbegeher:
Peter Warasin und Johannes Kaufmann (März 2018)
Material:
NAA, Satz Klemmkeile, einen Satz Friends (BD 0.2/0.3 bis 3) , Stände mit jeweils 2 Spits
Ausrichtung:
Süd-West
Anfahrt:
Von Bozen Richtung Jenesien und durch den Tunnel Richtung Glaning fahren. Weiter bis zum Gasthof Messner und dort parken.
Zustieg:
Vom Parkplatz die Straße ca. 100 Meter zurückgehen. Hier in der Linkskurve einen leicht abfallenden Weg (parallel zur Straße) folgen. Nach einiger Zeit bei einer Kreuzung den linken Weg nehmen und diesen steil aufwärts folgen. Weiter bis zu einem Steinmann und hier rechts ca. 30 Meter zum Wandfuß (insgesamt 15 min).
Abstieg:
Vom letzten Stand weiter nach oben aufsteigen bis man die Höhe des Hügels erreicht hat. Bei einem alten Weg (Mauern) nach links, bis man zu einem Baum mit dem Schild „Jagdrevier“ gelangt. Hier nun steil nach unten, durch die Rinne und am Ende nach rechts und weiter bis zum Einstieg.