„Tiroler Wasser (M7+)“ Piz Ciavaces, Sella

Beim Abstieg der legendären „Hashtag“ Route, schoss mir die super geformte Eisglasur im oberen Teil des gewaltigen Piz Ciavazes Kanal ins Auge.
Als ich Magge (Mark Oberlechner) davon berichtete, motivierte er mich so schnell wie möglich einen Versuch zu starten. Wir gingen davon aus, dass diese sich selten bildende Linie vielleicht noch nicht begangen war.
Zwei Tage später standen wir am Beginn des Kanals und mussten, gerade mal 100m vom parkenden Auto entfernt, die Steigeisen montieren. In Nordwandfeeling stapften wir in 1,5 Stunden bis zum Eisfall am großen Gams Band hoch.
Der Einstieg der Route war klar, in einem überhängenden Riss arbeitete sich Magge gekonnt in teils Technischer Mixtkletterei nach oben, am Cliff hängend konnte er zwei Hacken unterbringen.
Mit ziemlichem Pump erreichte ich seinen Stand und startete nach kurzer Pause in die nächste Seillänge und somit ins Steil-Eis. Nach obenhin verfestigte sich das Eis immer besser mit dem Fels, es gelang mir gute Eisschrauben zu setzen. Nach 30m war ich heilfroh am Standplatz angekommen zu sein, denn der Pump in meinen Unterarmen war auch zurückgekehrt.
Jetzt waren wir an einer nicht recht vertrauenserweckenden Eis-Säule angelangt, das wahrscheinlich letzte Hindernis das uns vom Gipfel trennte. Magge konnte zwei Meter oberhalb des Standes einen soliden Friend legen und wagte so den Einstig. Die Geräusche, die die Säule bei dumpfen Schlagen von Magges Pickeln von sich gab, waren ganz und gar nicht vertrauenswürdig. Doch er löste das Problem mit äußerster Vorsicht und wurde 20m oberhalb mit einer schönen Sanduhren belohnt.
Die letze Seillänge war reine Genusskletterei in kompaktem Eis. Der Gedanke, eine neue Eis- Linie eröffnet zu haben, erfüllte uns zudem mit Freude, da wir auch keine früheren Begehungsspuren gefunden haben.
Doch Zwei Wochen später erfuhren wir, dass diese wunderbare Linie bereits 2013 von Kurt Astner und Rudolf Hauser erstbegangen wurde. Wiederholt wurde uns klar, dass die Bezeichnungen „Erstbegehung“ besonders in der vergänglichen Materie Eis, mit Vorsicht zu genießen ist. Unsere Vorfahren,  die alpinen Pioniere der Dolomiten, haben schon zu Ihrer Zeit Übermenschliches geleistet. Vermutlich galt für sie einfach nur ein Abenteuer in den Bergen zu erleben, Veröffentlichungen und deren Ernte von Ruhm spielten eine untergeordnete Rolle.
Diese spektakuläre Route, mit Ihrem anspruchsvollen Zu- und Abstieg im steilen Piz Ciavazes Kanal, war für uns ein gewaltiges Abenteuer und war mit Sicherheit eine Wiederholung wert.
Hannes Hofer