„Via Flamingo (VIII+ A0)“ Sass Ciampac, Puez Gruppe
Erstbegehung der "Via Flamingo" © Martin Dejori und Alex Walpoth

Martin Dejori und Alex Walpoth gelang eine neue Tour auf dem Sass Ciampac. "Die Via Flamingo hat so seine Zeit gebraucht", so Martin. Es handelt sich um anspruchsvolle und abwechslungsreiche Kletterei, nur spärlich mit Normalhaken ausgestattet aber mit Friends zumindest dezent absicherbar.

“Da gibt es ja noch diese bärige Erstbegehung am Sas Ciampac, die wir veröffentlichen sollten“ – „Ja, aber davor müssen wir sie ja erst noch frei klettern…“

Alex Walpoth und Martin Dejori
Die Route „Flamingo“ am Sas Ciampac begleitet Martin und mich schon seit 6 Jahren. Im Herbst 2014 waren wir rechts von der „Via Giraffa“ in drei Versuchen drei neue Seillängen geklettert. Die vierhundert Meter hohe Südwand des Sas Ciampacs, in der sich ein beeindruckender Pfeiler an den nächsten reiht, ist in diesem Abschnitt besonders abweisend – und für uns geradezu einladend. Im ersten Versuch kletterten wir ein gewaltiges Dach, danach überwanden wir senkrechte, griffarme Wandstellen mit wenigen Normalhaken. Diese brachten wir im Cliff hängend an. Nicht jedes Mal, wenn wir den Cliff benutzten, konnten wir auch einen ordentlichen Haken schlagen, manchmal mussten wir auch einfach nur rasten. Der vierte Versuch im Sommer 2016 wurde von einer rasant einbrechenden Kaltfront beendet, noch bevor Martin sich die letzte entscheidende Platte vornehmen konnte. Die Fertigstellung des Projektes verzögerte sich dann weiter durch unsere veränderte Prioritätensetzung. Nichtsdestotrotz behielten wir die Route immer im Hinterkopf. Irgendwann etablierte sich auch der Name „Flamingo“, als Anspielung an die nahe verlaufende „Giraffa“ aber keinesfalls als Verharmlosung der Schwierigkeiten gedacht.
Via Flamingo © Martin Dejori Alex Walpoth
Am 20. Oktober 2018 überbot unsere Motivation endlich die Trägheit. Wir spielten mit den Gedanken, die schon erstbegangenen Seillängen nun frei zu klettern, mussten unsere Selbsteinschätzung jedoch schon zu Beginn des Daches revidieren. Sowohl die Schwierigkeit als auch die Schönheit des „Flamingos“ überraschten uns. Nach vier Jahren werden Erinnerungen doch schon recht vage. Der am höchsten Punkt zurück gelassene Friend war nicht so verblichen wie befürchtet. Dafür wirkte die Platte noch griffärmer. Martin fand eine Lösung, indem er weit nach rechts querte und eine Rissreihe erreichte. Nun ließen die Schwierigkeiten merklich nach, die Kletterei war aber weiterhin wundervoll wie die warmen Farben der herbstlichen Landschaft. Der Ausstieg aus der Wand kurz vor Sonnenuntergang war von starken Emotionen begleitet, wegen der vielen Zeit, die wir in das Projekt investiert hatten oder weil wir das Klettern nach so vielen Jahren immer noch genauso liebten.
Noch zwei Jahre später entsteht die oben angeführte Diskussion. Aber bevor weitere vier Jahre vergehen, haben wir entschieden, dass sich auch Kletterer mit mehr Engagement (und stärkeren Oberarmen) an der freien Begehung des „Flamingos“ versuchen sollen. Im Übrigen ist das freie Klettern einer Route erst in den letzten Jahren so wichtig geworden, weil der Rotpunkt-Gedanke zunehmend seinen Weg von den Klettergärten in die großen Wände gefunden hat. Dabei sollten wir aber nicht den Stil der Erstbegehung selbst zu sehr vernachlässigen; ein interessanter Ansatz, der die Schwierigkeit deutlich verschärfen würde, wäre der Verzicht auf den Cliff.
Via Flamingo © Martin Dejori Alex Walpoth
Via Flamingo © Martin Dejori Alex Walpoth
Erstbegehung der "Via Flamingo" © Martin Dejori und Alex Walpoth

Routeninformationen

 

Erstbegeher:
Martin Dejori und Alex Walpoth am 24.08., 01.09., 24.10.2014, 26.07.2016 und 20.10.2018

Schwierigkeit:
VIII+ A0, frei geklettert vermutlich IX

Länge:
390 m

Seillängen:
z.B. 10

Felsart:
Dolomit

Ausrüstung:
Die Mitnahme einer vollständigen Serie an Friends wird empfohlen, mittlere Größen eventuell auch doppelt. Nägel und Hammer

Charakter:
Anspruchsvolle und abwechslungsreiche Route, nur spärlich mit Normalhaken ausgestattet aber mit Friends zumindest dezent absicherbar. Der Fels ist auf den ersten Metern sehr brüchig, danach wird er den Alpinisten begeistern!

Zustieg:
Vom Grödner Joch Richtung Corvara fahren und an der ersten Straßenkehre parken. Über Wiese zum Weg Nr. 8 aufsteigen und diesem bis unter die Südwand folgen, nach einem Heustadel begibt man sich auf einem kleinen Steig bis unter das markante Dach (siehe Wandbild). Zuletzt über steilen, grasigen Schrofen (Stellen IV, sichern empfohlen) hinauf zum Einstieg.

Abstieg:
Vom Ausstieg bis zum Gipfel des Sas Ciampacs aufsteigen, und nach Westen zur Crespëina-Scharte gehen, auf dem Weg Nr. 2 zur Cir-Scharte hochsteigen und Richtung Süden wieder zurück zum Auto absteigen.