Öffentliche Diskussion am Bozner Waltherplatz © AVS
Der Alpenverein Südtirol (AVS) und zehn weitere Organisationen forderten am 23. März am Bozner Waltherplatz eine transparente öffentliche Diskussion über die Verwendung der Gelder zum EU-Recovery Fund in Südtirol.
Bozen/Innsbruck/München, 3. Dezember 2020
#unserealpen: Alpenvereine ziehen positive Bilanz
Wenig Nachhaltigkeit bei fragwürdigen Projekten
In den letzten Wochen machte sich innerhalb mehrerer Südtiroler Umweltorganisationen und Vereinigungen unabhängig ein großer Unmut zur Vorgangsweise der Südtiroler Landesregierung in Sachen EU-Recovery Fund für Südtirol breit. Dieser sollte helfen den Weg aus der Krise für ein nachhaltigeres Europa zu ebnen. Die Vergabe der Gelder hätte auf breiter gesellschaftlicher und politischer Ebene diskutiert werden können. Doch die Landesregierung ignorierte die Vorgaben der EU weitgehend und entschied sich hinter verschlossenen Türen für teilweise fragwürdige Projekte.
Deshalb bündelten elf Organisationen erstmals ihre Kräfte: Alpenverein Südtirol, Dachverband für Natur- und Umweltschutz Südtirol, Fridays for Future, Gemeinwohlökonomie-Bewegung, Heimatpflegeverband Südtirol, Initiative für mehr direkte Demokratie, Initiativgruppe Zukunftspakt, Kampagne MahlZeit, Klima Club Südtirol, Vereinigung Südtiroler Biologen und Umweltschutzgruppe Vinschgau. Die Allianz ist davon überzeugt, dass der Recovery-Fund dazu dienen muss, eine nachhaltige, krisenfestere und solidarische Gesellschaft aufzubauen. Es braucht den politischen Willen, um die notwendige ökologische, wirtschaftliche und soziale Transformation der Gesellschaft möglich zu machen. Darum ist es von zentraler Bedeutung, dieses Geld, das von den kommenden Generationen geliehen wird, in die Zukunft, also für einen echten Klima- und Umweltschutz und eine grüne Wirtschaft zu investieren.
AVS-Präsident Simeoni: Kritik an Projekten blieb unbeantwortet
AVS-Präsident Georg Simeoni erklärt, warum der AVS sich an dieser Aktion beteiligt: „Nachdem unser Schreiben (gemeinsam mit Dachverband und Heimatpflegeverband) vom 10. März an die Landesregierung und den Südtiroler Landtag mit Kritik an den eingereichten Projekten aber auch mit jeder Menge an konkreten Alternativvorschlägen unbeantwortet blieb, sieht sich der Alpenverein gezwungen, seinen Unmut über die Vorgangsweise und die Inhalte zum Recovery Fund öffentlich kund zu tun. Die eingereichten Projekte zum Recovery Fund haben mit Grüner Transformation oder Nachhaltigkeit kaum etwas zu tun. Eine Partizipation, bei der der AVS seine Vorschläge vorab hätte einbringen können, fand nicht statt.“
Stimmungswandel in der Öffentlichkeit
In den von der Landesregierung ausgewählten und nach Rom geschickten 47 Projekten stecken eine Reihe von blinden Passagieren: Wie lassen sich zum Beispiel in Zeiten des evidenten Klimawandels die 21 Mio. Euro für Speicherbecken für die Beschneiung in den Südtiroler Skigebieten mit ihrem massiven Eingriff in den Naturhaushalt und in das Landschaftsbild rechtfertigen? Oder wie kann man der Mission „Grüne Revolution und ökologischer Wandel“ gerecht werden, wenn man vergeblich nach Projekten zur Förderung der Biodiversität sucht, obwohl auch Südtirol einen großen Schwund an natürlicher Vielfalt aufweist?
Georg Simeoni stellte in seinem Redebeitrag außerdem folgende Fragen: „Warum wird nicht mehr und effizienter in die Lösung der Verkehrsprobleme besonders auf den Pässen investiert? Seit 2005 fordern wir eine Reduzierung der Lärmbelastung im Gebirge. Warum wird nicht mehr in den wahrhaft nachhaltigen Tourismus investiert? Seit Jahren bemüht sich der Alpenverein mit Erfolg um das Projekt Bergsteigerdörfer: zwei konnten realisiert werden, leider ist es sehr schwierig diese Projekte mit der nötigen finanziellen Hilfe auszustatten, um ihnen zum Durchbruch zu verhelfen.“