Sonntagsspaziergang © Luca de Giorgi und Peter Warasin
Sonntagsspaziergang © Luca de Giorgi und Peter Warasin
Peter Warasin und Luca de Giorgi gelang am 02.02.2020 eine neue Erstbegehung oberhalb des Bozner Krankenhauses.
Die Tour "Sonntagsspaziergang" ist eine leichte, gut abgesicherte Alpinklettertour mit überraschenden Felskonstruktionen und Ausblick über den Bozner Talkessel.
Zwischen Kastanienbäumen und Weingütern startet diese Tour mit ständigem Ausblick auf das Bozner Krankenhaus und das übrige Stadtgeschehen. Lässt die Kletterei anfangs teilweise eher mäßige Felsqualität vermuten, so wird man doch immer wieder durch interessante Kletterpassagen auf erstaunlich gutem Fels überrascht. Links vom Ausstieg der Tour findet man ein altes Stahlkonstrukt in Form eines Herzen, das von lange vergangenen Herz-Jesu-Feuern der Glaninger Bauernjugend erzählen könnte. Die unter der Tour befindlichen Weingüter gehören zum Gasthof Noafer wo der selbst gekelterte Wein verkostet werden kann. Der Grundbesitzer freut sich über einen Besuch. Nach starkem Regen kann die erste Seillänge länger feucht bleiben.
”Das Highlight ist sicherlich der einem Dinosaurierschwanz ähnelnde steile, breite Grat, auf dem man auf für Porphyr eher unüblichen Noppen und Löchern klettert. Der dort allgegenwärtige karge Flechtenbewuchs tut dem Kletterspaß hier allerdings keinen Abbruch.
Die eher unscheinbare Felsformation über dem Bozner Krankenhaus war schon immer im vorbeifahren einen Hingucker wert und immer wieder haben wir gerätselt ob da nicht doch was machbar wäre. Es sieht ja aus der Ferne nicht ganz so aus. Anfang März 2020 war es dann endlich für einen Versuch so weit.
Nach drei Jahren Arbeit an unserem Alpinkletterführer “Redrocks” (http://alpenverein.it/redrocks) kam nun endlich der Punkt an dem wir das Buch auch veröffentlichen wollten. Es sollte schnell gehen, denn wir wollten diesen Kletterführer der Kletterszene in der Saison 2020 nicht vorenthalten. Für die Veröffentlichung wollten wir aber unbedingt noch eine leichtere Tour in der Nähe von Bozen haben, da hier sonst eher alles schwierig ist. Die vorangeschrittenen Arbeiten am Buch waren doch noch recht aufwändig und unsere Zeit begrenzt. Also dachten wir uns, die 3 Seillängen dort oben kriegen wir an einem schönen Sonntagnachmittag sicherlich hin. Die 3 Seillängen, das wird bestimmt ein Spaziergang.
Ursprünglich wäre eigentlich gedacht gewesen dass Luca die Tour mit seiner Frau Lara eröffnen sollte. Lara jedoch war außer Landes und die Zeit hat gedrängt, da wir den Kletterführer ja bald veröffentlichen wollten. Also jetzt, oder die Tour kommt nicht mehr ins Buch. Deswegen starteten wir, Luca und Peter.
Keiner konnte zu dem Zeitpunkt ahnen dass 1-2 Tage danach ganz Italien zum daheim bleiben aufgefordert und eine Erstbegehung somit nicht mehr möglich sein würde.
An einem sonnigen Sonntagnachmittag starteten wir also hoch zum Noafer. Dankenswerterweise hatte Lukas, der AVS Ortsstellenleiter von Jenesien mit dem Grundbesitzer Andreas bereits abgeklärt dass wir dort klettern dürfen.
Mit mobilen Sicherungsgeräten bestückt und der Bohrmaschine zur Sicherheit im Rucksack, brachen wir auf.
Kaum hatten wir das Auto verlassen, trafen wir auf den Senior Bauer, der uns mit funkelnden Augen erzählte, dass auch er früher an den Knotten rumgeklettert sei, bis seine Frau ihm das Seil versteckt hatte, der seine Machenschaften wahrscheinlich wenig gefielen.
Der Abstieg zum Einstieg erfolgte rasch. Aufgeregt suchten wir nach einem geeigneten Einstieg. Den Grat in der Mitte der Linie, in Form eines Dinosaurierschwanzes haben wir mittels Google Earth gut lokalisieren können. Diesen wollten wir erreichen um zu sehen wie die Kletterei dort ausfallen würde. Unser Start erfolgte dementsprechend unter dieser Stelle.
Sehr zu unserem Erstaunen war die Qualität des Gesteins gar nicht mal so schlecht. Wir kamen rasch vorwärts. Bald schon standen wir im ersten Geh-gelände. Die Linie war nicht unbedingt klar, deswegen haben wir interessante Kletterpassagen ausprobiert, um nach einem kleinen Umweg doch noch am Dinosaurierschwanz anzukommen. Die folgenden zwei Seillängen wurden sicherlich das Highlight der Tour, klettert man doch auf für Porphyr eher unüblichen Noppen und Löchern. Der dort allgegenwärtige karge Flechtenbewuchs, welcher der Tour das Prädikat “pelzig” eingebracht hat, tut dem Kletterspaß hier allerdings keinen Abbruch.
Nun stand bereits die letzte Seillänge bevor, dessen Besteigung ohne Absicherung durch Bohrhaken nochmal recht abenteuerlich ausfiel.
In der Abenddämmerung standen wir dann schlussendlich am Ausstieg. Aus den 3 Seillängen wurden ganze 7. Dass sich die Tour so in die Länge ziehen und wir deswegen lange brauchen würden hätten wir uns nicht gedacht. Zufrieden traten wir den Heimweg an.
Der folgende Lockdown hat uns dann leider etwas eingebremst. 3 Monate später, im Juni, als es wieder akzeptabel war sich im Freien zu bewegen, war diese Tour natürlich unser erstes Ziel. Mit unserer Bohrmaschine und Bohrhaken aus dem Normalhaken-Fonds des AVS bewaffnet, seilten wir uns von oben herab und bohrten die fehlenden Sicherungspunkte ein.
Nach getaner Arbeit kam uns die Einkehr oben im Buschenschank Noafer gerade recht. Bei einem Bier erzählten wir Andreas, dem Grundbesitzer von unserer Tour und unserem Buch das bald erscheinen würde. Ein Dank geht an dieser Stelle nochmal an Andreas, der uns erlaubt hat auf seinem Grund zu klettern.
Sonntagsspaziergang © Luca de Giorgi und Peter Warasin
Routeninformationen
Erstbegeher:
Peter Warasin und Luca De Giorgi, 02.02.2020
Schwierigkeit: V
Länge: 255 m
Seillängen: 7
Felsart: Porphyr
Ausrüstung: NAA, 60m Halbseile, 10 Expressschlingen
Charakter: R1/I – Alpine Tour, die teilweise selbst abgesichert werden muss. Die schwierigeren und plattigen Seillängen sind ausreichend mit Bohrhaken abgesichert. Dazwischen sind einige Friends hilfreich. DIe Stände sind gebohrt oder an Bäumen. Die Felsqualität ist gut. Vom Rückzug über die Route ist abzuraten
Zustieg: 20 min / Vom Parkplatz der Markierung Nr. 11B in Richtung Süden der Straße bergab folgen. Nach zwei Kehren zweigt der Wanderweg ab. Hier dem Wanderweg nicht folgen, sondern auf der Straße bleiben. Nach weiteren zwei Kehren sieht man auf einer geraden Strecke, die über ein Weingut führt, rechts schon die Felsen. Hier nach einem abgestorbenen Baum, der sich vollständig über die Fahrbahn neigt, Ausschau halten. Genau darunter senkrecht in steilem Gelände in den Wald bis zum Wandfuß aufsteigen. Der Einstieg befindet sich einige Meter links vom tiefsten Punkt der Wand. An zwei Bäumen, die aus einem Riss wachsen, sieht man eine Schlinge.
Abstieg 15 min / Vom Ausstieg in Richtung Norden einer schwach ausgetretenen Spur in den Wald folgen und die steilen Hänge immer weiter queren, bis man zu einem Maschendrahtzaun gelangt. Den Zaun entlang steil nach unten gehen, bis man auf die Straße gelangt. Die Straße bis zum Parkplatz aufsteigen.
Beschreibung Seillängen:
1. [35 m, V, 3 BH]: Dem Riss diagonal nach links hinauf folgen, an zwei Bäumen mit Schlinge vorbei. Vom zweiten Baum senkrecht über die Platte (ein BH) nach oben bis zum horizontalen Riss im Überhang. Diesem nach rechts folgen und dann schräg nach rechts hinauf (zwei BH). Weiter rechtshaltend über die Platte mit Stufen nach oben bis zum Stand an zwei BH unter einem Baum.
2. [30 m, III, 1 BH]: Vom Stand hoch bis zum zweiten Baum mit Schlinge und gleich links davon über den Bauch nach oben und nach rechts bis zum Fixseil queren. Diesem über brüchiges Gelände bis zum nächsten Stand an zwei BH folgen. Achtung, um übermäßige Seilreibung zu vermeiden, sollten die Zwischensicherungen verlängert werden.
3. [25 m, IV+, 8 BH]: Den Platten entlang nach oben klettern (3 BH) bis zu einem Absatz am Beginn einer Verschneidung. Dieser folgen (5 BH), gleich nach dem Ausstieg rechts Stand an zwei BH.
4. [50 m, II, 1 BH]: Dem Fixseil durch Büsche und Stufen bis zum nächsten Stand an zwei BH folgen. Achtung auf die losen Steine!
5. [35 m, IV+, 8 BH]: Sehr schöne Kletterei an der Kante auf Löchern und Noppen. Stand an zwei BH.
6. [35 m, V-, 7 BH]: Weiterhin schönes Klettern an der Kante bis zu einem Absatz. Die darauffolgende kleine Wand (1 BH) mit Riss überwinden und beim großen Baum mit Schlinge Stand machen.
7. [45 m, IV+, 5 BH]: Vom Baum leicht links über eine schwache Verschneidung hoch. Über eine Platte leicht rechtshaltend weiter (3 BH) zu einem Aufschwung (1 BH), diesen entlang eines Risses überwinden. Bei einem Baum mit Schlinge rechts vorbei und über die letzte kleine Wand (1 BH) zum Ausstieg. Stand an 2 BH.
„Diese Route wurde mit Haken des AVS-Alpinfonds erstbegangen“