„Iron Horse (VI-)“ Karavshin, Kirgistan
Erstbegehung der Route "Iron Horse" © Alexander Obertimpfler und Hannes Niederwolfsgruber
Auch Alexander Obertimpfler und Hannes Niederwolfsgruber gelang bei der Reise nach Kirgistan die Eröffnung einer neuen Route. Die Tour "Iron Horse" befindet sich auf dem Michael Volkov Peak im Kara-Su Valley und ist vermutlich die zweite Tour auf diesem Gipfel.
Der große Asan ist mit Sicherheit eine der imposantesten Wände im Kara-Su Tal. Im Schatten dieses Riesen wirkt der über 400 Meter hohe Nebengipfel fast schon mickrig. Dies wird wohl auch der Grund dafür sein, dass auf dem Berg laut Informationen von russischen Bergsteigerkollegen neben unserer Route nur eine bestehende Linie existiert, deren Verlauf uns jedoch unbekannt ist.
Während unseres Aufenthalts im Kara-Su Valley (19.07-11.08.2022) war uns die über 400 Meter hohe, etwas südlich vom großen Asan gelegene Granitwand gleich aufgefallen. Wir fanden in unserer mitgebrachten Topo-Sammlung keinerlei Informationen über den Namen des Gipfels und etwaige Linien, die durch die Wand führen könnten. Als wir schließlich über ein Gespräch mit einem ortskundigen Kletterer herausfinden, dass der Berg nach einem russischen Bergsteiger namens Michael Volkov benannt ist, der die Wand vor ein paar Jahren durchsteigen konnte und es bis auf diese eine Linie keine weitere Route durch die Wand gibt, beschließen wir, uns am besagten Gipfel zu versuchen. Unseren ursprünglichen Plan, die Wand zentral über eine Direttissima zu durchsteigen, müssen wir schlussendlich verwerfen, als wir uns am 01.08 unmittelbar unter der Wand befinden und von deren Steilheit nicht minder beeindruckt sind. Auf der orographisch linken Seite der Wand (nördlich) bemerken wir schließlich eine Linie, die sich über einige Risse, Schuppen und Verschneidungen links der Kante des Berges entlang zieht. Während wir noch am fachsimpeln über die Route sind, brechen auch schon die ersten Regenschauer über uns herein und wir beschließen, unsere schwere Ausrüstung am Wandfuß zu deponieren und am darauffolgenden Tag erneut unser Glück zu versuchen. Der zweite Tag ist von mehr Erfolg gekrönt; wir steigen bei stabiler Wetterlage in die Wand ein und schaffen es bis zum Ende der vermuteten Schlüsselseillänge, in der wir zu unserem Bedauern eine kaputte Schlinge finden. Ob die Bandschlinge nur von oben in den Riss fiel oder ob bereits jemand anderes diese Linie vor uns klettern durfte, lässt sich aufgrund der mangelnden Informationen nicht so leicht sagen. Feststeht nur, dass wir keine weiteren Spuren menschlichen Bergsteigens fanden – was nicht heißen soll, dass es nicht jemanden gelang, die Route bis auf die besagte Schlinge clean zu durchsteigen. Leider erlaubt sich Petrus auch an diesem Tag seine Späße mit uns und wir müssen nach 5 gekletterten Seillängen und 4 eingerichteten Standplätzen den Regenschauern weichen und erneut durchnässt ins Base Camp absteigen. Der dritte Tag soll uns nun den ersehnten Gipfelerfolg bescheren. Wir trauen dem Wetter immer noch nicht und brechen bereits um halb 6 Uhr morgens vom Base Camp auf, um einem vermeintlichen Wetterumsturz zuvorzukommen. Am Einstieg angekommen, bemerken wir den dünnen Wasserfilm, der sich über die gesamte Wand zieht. Trotz der suboptimalen Bedingungen steigen wir in die Wand ein und schlagen uns in 8 Stunden bei äußerst wechselhaftem Wetter bis zum Gipfel durch, wo wir von einem unerwartetem Schneefall begrüßt werden, der bereits 20 Minuten später nach der ersten Abseillänge strahlendem Sonnenschein weichen muss. Wir seilen die 14 Seillängen über unsere Aufstiegsroute ab und befinden uns um 18.30 Uhr erneut am Wandfuß, wo unsere schweren Rucksäcke auf uns warten. Nach ausgiebigem Schleppen befinden wir uns 2 Stunden später erneut im Base Camp – Wir sind äußerst zufrieden mit unserer Route und schlafen nach dem Abendessen erstmal 12 Stunden durch.
Text: Alexander Obertimpfler
Erstbegehung der Route "Iron Horse" © Alexander Obertimpfler und Hannes Niederwolfsgruber
Routeninformationen
„Iron Horse“
Erstbegeher: Hannes Niederwolfsgruber und Obertimpfler Alexander am 01.08 – 03.08.2022
Schwierigkeit: VI-
Länge: 650 Klettermeter/ 400 Meter Wandhöhe
Seillängen: 14
Felsart: Granit
Ausrüstung: NAA, 60m Halbseile, 2 Sätze Cams bis BD3 + einen BD4!
Zeit:5-7h Kletterzeit / 8-10 insgesamt
Charakter:
Die Route wurde von uns bis auf die Standplätze und eine Zwischensicherung in der 3. Seillänge clean belassen. An den Standplätzen wurden vorzugsweise Nägel und Köpfe verwendet; bei 5 Ständen wurde jeweils ein Bohrhaken angebracht. Der Fels ist äußerst stabil, jedoch sollte man auf größere Schuppen achtgeben, die sich durch Zusatzbelastung lösen können. Die Linie ist übersäht von zahlreichen Rissen, die genügend Möglichkeiten für mobile Absicherungen bieten, weshalb Hammer und Nägel nicht zwingend von Wiederholer*innen mitgeführt werden müssen. Der Einstieg der Route befindet sich orographisch links an der Kante der Head Wall und ist mit einer alten Bandschlinge markiert. Der Abstieg erfolgt, wie bereits im Bericht beschrieben, über die Aufstiegslinie (abseilen).
Zustieg: 1h 15min
Der Zustieg erfolgt vom Kara-Su Base Camp auf der östlichen Talseite vorbei am little Asan über dem Blockgletscher auf Sicht (einzelne Steinmännchen) zum Einstieg. (Zustieg ähnlich wie zur Route Alperian am großen Asan)
Abstieg: 3-4h
Abseilen 2 – 3h (Über die Route)
Abstieg 1h (Siehe Zustieg)
Danksagung:
Wir bedanken uns recht herzlich bei unseren Wetterfröschen Felix Kiem und Jana Ludwig sowie bei den Teamkolleg*innen Lardschneider Elisabeth, Plattner Moritz, Sigmund Moritz und Tirler Patrick für ihre Unterstützung.
„Diese Route wurde mit Haken des AVS-Alpinfonds erstbegangen“