„Hasenjagd in Zanskar (VII+ / Ice 65°)“, Shawa Kangri, Rangtik Valley, Indien
Erstbegehung der "Hasenjagd in Zanskar" © Plank Stefan und Hannes Sullmann
Die "Hasenjagd in Zanskar" ist eine neue Variante um auf den Shawa Kangri im Rangtik Valley in Zanskar / Indien zu klettern. Die Tour die den jungen Südtirolern Plank Stefan und Hannes Sullmann im Zuge der Reise von den 7 Südtirolern im Sommer 2023 gelang, beschreiben sie als eine optimal Akklimatisationstour. Eine wunderschöne Freikletterroute mit perfekten Granitrissen.
Seit 7 Tagen sind wir nun im Basislager in Rangtik Valley, nach einem ersten gescheiterten Versuch an der Hauptwand des Jamyang Ri und 2 Tage Pause sind wir nun auf Hasenjagd in Zanskar gegangen. Vor 2 Tagen als Hannes Sullmann ins Basis Lager nachkam fiel ihm gleich das „Hasele“ am Gipfel des Shawa Kangri auf. Täglich zog es unsere Blicke auf sich und besonders während dem Sonnenaufgang schimmerte es im Licht wie ein goldenes Lindt Häschen.
So zogen wir morgens um 4.30 vom Basislager los. Immer das Ziel vor Augen schlendern die zwei Hannes und ich noch im Halbschlaf Richtung Shawa Kangri. Langsam geht die Sonne auf und das Hasele leuchtet in vollem Glanz hoch oben auf dem Gipfel zu uns herab. Nun ist es 7.00Uhr die schnellsten waren wir noch nicht.Die Höhe von 5000 Metern machte sich in unseren Beinen bemerkbar, abgesehen von Hannes Sullmann, der im Frühjahr zahlreiche Touren in den Westalpen unternommen hatte und daher topfit und unaufhaltsam war. Einen Tag vor dem Aufbruch nach Indien, hat sein Körper ihm eine Schleimbeutelentzündung am Ellenbogen beschert. Es sollte nicht sein, trotz hohen Erwartungen und körperlicher Hochform konnte er seine Leistung auf der senkrechten Wand nicht abrufen. An diesem Tag, angetrieben von hoher Motivation, konnte er die Schmerzen ignorieren, die Beine funktionierten einwandfrei und sobald er den Fels berührte war klar, heute wird gekraxelt.
Also nun ist es 07.00Uhr und wir ziehen unsere Steigeisen an und nehmen die Eisgeräte zur Hand und marschieren die Eisflanke mit bis zu 65° hoch. Die Bedingungen waren sehr gut hat es uns doch die ersten 2 Tage im Basislager komplett eingeschneit. Die Lawinen sind inzwischen schon abgegangen und wir kommen zügig voran, Hannes Niederwolfsgruber wird etwas von der Höhe geplagt, aber wir sind bald oben. Angekommen am Wandfuss schlägt unser Herz um einiges schneller, nicht nur der Höhe zu schulde. Als wir den traumhaft goldig roten Granit erblicken, der mit gradlinigen Splitter Rissen zum „Hasele“ empor führt wurde uns warm ums Herz und die Augen verdoppelten ihre Größe. Die Linie müssen wir nicht mehr suchen, sie war direkt vor uns. Die Sonne scheint, es hat gefühlt 30° es könnte nicht besser sein. Raus mit dem Material. „Wer darf starten?“fragten wir uns, Hannes S. will endlich was unternehmen hatte er doch so mit seinem Ellebogen gelittendie letzten Tage. Hannes N. gehts leider auch nach der Rast nicht besser und beschließt am Wandfuss auf uns zu warten, wir fragen ob es nicht besser wäre wieder abzusteigen, doch er entschied sich uns zu beobachten. Wenn etwas sein sollte, können wir schnell wieder abseilen und wären gleich bei ihm, wir blieben auch immer im Sichtkontakt. Los gehts, Hannes entschied sich gegen meinen Rat links über ein kleines Dach zu klettern, er entschied sich rechts über eine Platte zu klettern um auf 15m Höhe einen Riss zu erreichen. Es fing gleich mit einer kniffligen Platte an, Griffe suchte man vergebens. Nach 7m konnte er die erste Sicherung in einem schmalen Riss legen. Wie gehts nun weiter. Fuß zur Hand und hochstemmen, und da war dann auch gleich Schluss, es gab nichts mehr, kein Griff und leider war die Oberfläche leicht brößlig, dass das Reibungsklettern auch nicht möglich war. Auch ich gebe dieser Linie einen Versuch, aber scheitere gleich wie Hannes zuvor. So greifen wir auf den ursprünglichen Plan zurück. Der Einstieg ist zwar steiler, aber dafür strukturiert und der Fels weißt schwachstellen vor.
Ich darf nun anfangen und freue mich über die Risse die uns erwarten. Es schaut möglich aus. Und nun läuft es. Über einen schrägen Riss ereichen wir das erste kleine Dach, es lässt sich gut absichern und die Henkel sind da wo man sie braucht, geniale Kletterei. Hannes kommt mit einem Strahlen im Gesicht nach, ein Traum. Nun wird’s schwieriger, und es hängt leicht über. Ein Fingerbreiter Riss zieht sich nun wunderschön nach oben. Nach etwa 15m kommt eine kurze Cruxpassage, ein kleiner Bauch und der Riss wird zur offenen Zange. Es heißt auf Abrieb hochpiazen und entschlossen anziehen und über die Kante . Es klappt leider nicht gleich beim ersten Anlauf. Beim 2. Versuch gings dann und ich erreiche einen Henkel. Hannes kommt nach und grinst über beide Ohren wie toll die Kletterei ist. Er schafft die länge gleich beim ersten Versuch. Nun war er an der Reihe. Der Riss geht ununterbrochen weiter und immer wieder warten kleine Stellen dass die Tour durch und durch eine stimmige Schwierigkeit aufweist. Auch in seiner länge muss wieder ein kleiner Bauch überwunden werden der super lässig zu klettern ist. Hoffentlich gehts so weiter. Und so führt die Tour mit gleich anhaltender Schwierigkeit weiter nach oben.
Die letzte Länge in der Hauptwand erwartet uns nun und die könnte nicht besser sein. Ein Handriss (3# BD) führt steil vom Stand nach oben, was gibt es besseres vielleicht ein zusätzlicher dreier Friend. Hannes kämpfte sich die ersten zehn Meter empor, bis der Riss endlich genügend Platz für unterschiedlich große Friends bot. Für uns Dolomiten-Kletterer war das Klemmen nicht gerade ein Kinderspiel. Nun klettert er um die Ecke und stöhnt und schnauft und ich schaue nicht blöd als er die Hand vom Riss rauszieht und mir ein Wasserfall entgegen kommt. Er kämpft, ein letzter schrei und er hat den rettenden Henkel erreicht. Nun konnte ich ihn nicht mehr sehen und er war noch eine Zeit lang unterwegs bis er schließlich nach 40m Stand macht.
Im Nachstieg konnte ich die Länge dann frei klettern, aber mit der nassen Stelle im Riss war es auch für mich Haarscharf, dass ich den rettenden Henkel erreichte. Es war nicht nur nass sondern es floss ein regelrechtes Rinnsal durch. Aber 25m Handriss macht einfach Spaß. Auch die Plattenstellen nachher waren zwar fantastisch zu klettern doch nass und technisch ziemlich anspruchsvoll. Chapeau Hannes und das mit dem kaputten Ellebogen.
Es ging nass weiter, wir waren fast am Band angelangt an dem wir auf die Tour der Spanier treffen. 2008 konnten sie die Erstbesteigung dieses Gipfels holen. Sie suchten den logischten Weg entlang der Rampen mit Schwierigkeiten bis V+ auf den Gipfel. Ich klettere eine nasse Verschneidung über die Nische hoch an der Hannes Stand hatte und gelang auf plattige Rampen die leider noch mit einer dünnen Schicht Schnee bedeckt waren. Ich sah wo ich hinmusste, es trennten mich noch 5m von der Spanier Route. Doch absichern war nicht mehr möglich und ich überlegte eine weile ob ich die paar Meter Schnee überqueren sollte oder nicht. Ich wollte es versuchen doch weit kam ich nicht und schon rutschte mir ein Fuß weg, mit etwas Glück konnte ich mich an den nicht vorhandenen Griffen halten. Das wäre ein langer Sturz geworden. Mit dem Herz in der Hose beschloss ich, dass es für mich heute Schluss ist. Wir haben noch 2 Wochen und der Schnee schmilzt eh jeden Tag um 10cm, wir kommen wieder. Hannes N. wartete ja auch schon ewig alleine am Wandfuß. Ich musste leider einen Bohrhaken schlagen da ich sonst keine Möglichkeit fand Stand zu machen. Hannes kam nach und war der gleichen Meinung, dass wir es für heute gut sein lassen. Wir seilen 60m ab, ich schlage noch 2 Haken und so war der 2. Abseilstand auch eingerichtet. Weitere 60m und wir sind wieder am Einstieg.
Hannes ging es zum Glück inzwischen auch wieder besser. Wir packten alles zusammen und machten uns auf den Heimweg ins Basislager. Der Abstieg über die Eisflanke war inzwischen schon anspruchsvoller, im Laufe des Tages ist fast der ganze Schnee weggeschmolzen und es kam das schwarze Eis zum Vorschein. Nochmal volle Konzentration. In der Abendsonne spazierten wir nun gemütlich ins Basislager zurück vorbei an der Wand des Jamyang Ri wo wir Patrick und Moritz zu winken, die gerade die letzten Vorbereitungen im Portaledge treffen. Auch wir freuten uns schon in unser Basislager zurück zu kommen und gemütlich den Tag revue passieren lassen.
Leider konnten wir nicht wieder zurück kommen um die Tour zu vollenden. Wir hatten alle gehofft, gemeinsam auf das „Hasele“ zu steigen, aber dieser Wunsch sollte uns verwehrt bleiben.
Die Tour ist mit ihren fünf Seillängen nicht lang, aber mit dem Anstieg über die Eisflanke eine anspruchsvolle Tagestour. Wir sind sehr glücklich mit dieser Linie, sie eignet sich optimal als Akklimatisations-Tour die richtig spaß macht. Man klettert perfekte Granitrisse in der Sonne auf einen wunderschönen Gipfel. Wir werden auf jeden Fall zurückkehren, um endlich auf dem „Hasele“ zu stehen und ihm das Glöckele um den Hals zu hängen. Dies war unsere Hasenjagd in Zanskar.
Geschrieben von Plank Stefan
Erstbegehung der "Hasenjagd in Zanskar" © Plank Stefan und Hannes Sullmann
Routeninformationen
„Hasenjagd in Zanskar“
Gebirge: Rangtik Tokpo
Gipfel: Shawa Kangri
Erstbegeher: Plank Stefan und Hannes Sullmann am 14.07.23
Schwierigkeit: VII+ / Ice 65°
Länge: 130m
Seillängen: 5
Felsart: Granit
Charakter: Wunderschöne Freikletterroute in einer sehr alpinen Umgebung. Die Tour ist mit ihren fünf Seillängen nicht lang, aber mit dem Anstieg über die Eisflanke eine anspruchsvolle Tagestour. Eine optimale Akklimatisations-Tour die richtig spaß macht. Man klettert perfekte Granitrisse auf einen wunderschönen Gipfel.
Absicherung: Clean
Ausrüstung: NAA, 60m Halbseile, 2x BD#0.1-3, Stopper
Abstieg: Abseilen über die Route (60m!)
„Diese Route wurde mit Haken des AVS-Alpinfonds erstbegangen“