ALPINIST: Hochtouren in den Westalpen
Der Berg ist vielseitig, unberechenbar, antreibend, jedoch manchmal vertreibend, er fordert heraus, aber manchmal auch über.
Die Faszination Berg zieht auch uns 5 junge Alpinisten*innen in das Aostatal, in das Mont Blanc Gebiet an der Grenze zu Frankreich.
Ausgehend vom Stützpunkt der Turiner Hütte, ist dieses eines der facettenreichsten Gletschergebirge in den Alpen, mit einer schier zahlreichen Auswahl an spektakulären Nordwänden, ausgesetzten Graten und steilen, mit Rissen durchzogenen Granit-Mauern, welche über viele (Kletter-)Routen bestiegen werden können – also eine perfekte Kombination für ein Team junger, motivierter und wissensdurstiger Alpinisten*innen.
Das Auswählen und Planen der Touren war in diesem Zeitraum nicht sehr einfach, da die rasant gestiegenen Temperaturen der letzten Tage die Schneeverhältnisse massiv beeinflusst hatten. Zudem konnten wir uns auf keine stabile Wetterperiode verlassen und das ständige Checken der von verschiedenen Anbietern veröffentlichten Wetterberichten schien sich ständig zu ändern. So mussten wir flexibel sein, auch immer an einen Plan B denken und natürlich das Wichtigste: das Beste aus jeder erdenklichen Situation, was das Wetter anbelangt, machen.
Bereits am Morgen des ersten Tages im Hochgebirge erhielten wir einen kleinen Vorgeschmack auf die schnellen wettertechnischen Veränderungen, die uns in den nächsten Tagen ebenso wohl bevorstehen würden – nämlich Nebelsuppe mit windigem Unterton, abstoßende Windböen und einer Prise Schnee noch dazu. Auf der Route zur Tour Ronde konnten wir nur einige wenige Blicke in die Weite erhaschen. Sobald der Gipfel erreicht war, schloss uns die von unten aufsteigende Nebeldecke voll und ganz ein und ließ uns bis zur Rückkehr auf der Turiner Hütte nicht mehr los.
Am zweiten Tag durften wir ebenfalls keinen blauen Himmel erhoffen, da aus Nordosten zudem eine Schlechtwetterfront einzutrudeln schien. Unentschlossen was die Route anbelangt, starteten wir früh am Morgen und einigten uns darauf, das Wetter während der Annäherung unseres Zielberges, dem Dent du Géant, genau zu beobachten und uns vor Ort für die endgültige Route zu entscheiden. So kam es dazu, dass wir uns für den Normalweg auf den Dent du Géant entschlossen haben, und das war gut so. Denn nur allein die Vorstellung war unangenehm, wenn wir uns in der vorab angedachten schwierigeren Kletter-Route inmitten der kleinen Stör-Wetterfront mit Wind und Schnee hocharbeiten hätten müssen. Auf diese Art konnten wir jedoch den Gipfel des Dent du Géant für uns allein beanspruchen und uns im schnellen Abseilen üben.
Die Aiguilles d’Entrèves, ein kleiner Gipfel mit messerscharfen Zustiegs-Graten, erweckte auch unser Interesse und die Traverse ausgehend vom Col d’Entrèves sollte unsere Abschlusstour werden. Wie bereits an den Vortagen motivierte uns die pure Freude am Klettern, Sichern und Arbeiten mit dem Seil. Die Konzentration und das Klettern an diesem scharfen Grat ließ uns den uns ummantelnden Nebel komplett vergessen. Wiederum allein am Gipfel, riss plötzlich die Wolken- und Nebeldecke auf. All die uns umgebenden Gipfel grüßten uns so im Morgenrot – was für ein schöner Abschluss!
Die Ruhe, die wir auf diesen Gipfeln genießen konnten, ist heutzutage auf den zahlreichen Gipfeln der Alpen eher eine Seltenheit. So erleichterte uns dieser Umstand das Ertragen des uns ständig begleitenden Nebels. In diesen Tagen und auf diesen Touren geht es jedoch hauptsächlich darum, Zusammenhalt, Seil- und Kameradschaft sowie die gemeinsame Leidenschaft des Bergsportes zu pflegen und zu teilen.
Wir bedanken uns beim Alpenverein, bei den uns begleitenden Bergführen und natürlich bei unseren Kameraden*innen für die schöne und erlebnisreiche Zeit in den Westalpen.