ALPINIST Team: Aktion Hochtour

Nach den erlebnisreichen Dolomitentagen zog es unser Team voller Elan weiter in die Westalpen. Dort verbrachten sie fünf intensive Tage, in denen sie sich mit Kameradenrettung, Seil- und Bremstechniken am Gletscher sowie den Grundlagen des Hochtourengehens auseinandersetzten. Gleichzeitig bot sich die Gelegenheit, über schöne Grate und durch Nordwände einige Gipfel zu besteigen. Lisa berichtet uns persönlich über diese spannende Aktion

Zwischen dem 30. Juli und dem 3. August ging es für uns hoch hinaus – und das nicht nur, weil das Thema dieser Aktion „Hochtouren“ hieß. Denn zunächst wurden 2000 Höhenmeter überwunden. Und das in 30 Minuten. Na gut, das geschah zwar mithilfe der berüchtigten Seilbahn von Courmayeur im Mont-Blanc-Gebiet – aber immerhin.
Dass die Seilbahn praktisch direkt zu unserer Unterkunft, dem Rifugio Torino auf 3375 Hm, fuhr, erkannte man auch an unserem Gepäck: Minimalismus war etwas anderes. Vor allem Wasser wurde reichlich mitgenommen.

Unser Wecker klingelte am nächsten Morgen – oder besser gesagt in der nächsten Nacht – zu einer Zeit, die nur für Hochtouren angemessen war. Kurz darauf bahnten wir uns in Form einer Taschenlampenkette einen Weg durch die Dunkelheit, zunächst über den Glacier du Géant, dann in steileres, steinigeres Gelände, vorbei am bekannten Dent du Géant, dem Zahn des Riesen. Hinter unserem Rücken beleuchteten die ersten Sonnenstrahlen den Mont Blanc und rückten ihn ins Rampenlicht. Doch unser Ziel war ein anderes: der Aiguille de Rochefort. Sobald wir am Einstieg des genannten Grates waren, wurden Köpfe gelegt, Friends in Spalten gezwängt und am Sprungseil gegangen. Immer weiter, dem Gipfel entgegen. Er sollte für viele von uns der erste 4000er sein. Genauer gesagt 4001 Meter über Normalnull.

Weil wir so flott vorangekommen waren, nahmen wir noch den Mont Mallet mit. Wir hatten dann sogar noch Zeit für eine dritte Unternehmung. Doch Kopfweh und Müdigkeit plagten die Jungs, sie wagten „nur noch“ den AiguillesMarbres-Grat.

Wir Mädels hingegen trauten uns an den Zahn des Riesen heran, an dem wir beim Zustieg vorbeigekommen waren – den bekannten Dent du Géant. Nur mit Gratmaterial ausgestattet, also mit Bergschuhen und ein paar wenigen Friends, stiegen wir in die Route ein. Dicke, weiße Bootstaue, die angebracht worden waren, um den Aufstieg zu erleichtern, gab es als Backup, falls die Tritte für die Gletscherschuhe doch zu klein wurden. Aber Freiklettern stellte sich auch als möglich heraus! Das größere Problem: Bekannte Touren locken viele Kletterer an. Mit Stau gelangten wir trotzdem zum Gipfel. Dort empfingen uns die offenen Arme einer Madonnenstatue. Wieder in der Hütte zurück, wurden wir von den Jungs nicht mit ebensolchen offenen Armen empfangen. Denn sie schliefen bereits erschöpft. Für das Abendessen wurden sie dann aber doch noch einmal wach.

Auch am nächsten Tag standen wir früh auf. Auf dem Plan standen zwei Grate: Tour Ronde und Aiguille d’Entrèves. Aber zunächst wieder über Gletscherzungen hinauf zum Einstieg. Der erste Grat war teilweise ziemlich ausgesetzt. Ganz am Ende erwartete uns noch eine sehr plattige Passage. Für Martin, den Ersten von uns, war das trotz Steigeisen an den Schuhen kein Problem – weder moralisch noch klettertechnisch. Wir gönnten uns eine kurze Pause am Gipfel, das zweite Frühstück wurde gegessen, dann stiegen wir ab, um kurz darauf wieder aufzusteigen: zum nächsten Grat, der bekannten Aiguille d’Entrèves. Bekannt ist er, weil man sich auf einen Felszahn stellen kann, ausgesetzt und mit dem Dent du Géant im Hintergrund. Es gibt unzählige Bilder von dieser Szene in den sozialen Medien. Und wahrscheinlich auch bald welche von uns – denn jeder von uns bekam ein ebensolches Bild. Ab und zu muss man eben seinen inneren Touristen rauslassen. Schneller hätten wir aber sowieso nicht sein können, es staute sich vor uns. Deshalb seilten wir auf den Gipfel ab, statt die gesamte Grat-Traverse zu vervollständigen. Den Abend ließen wir mit der Produktion von Social-Media-Content, dem Mischen der Wattkarten und dem Essen ausklingen. Draußen in der Ferne entlud sich eine Bilderbuch-Gewitterwolke; sie sollte ein Vorbote für den nächsten Tag sein. Denn es lag nicht an unserer Faulheit, dass am nächsten Tag der Wecker erst um sieben klingeln sollte, sondern am schlechten Wetter.

Doch wir wussten uns dennoch zu helfen – und das wortwörtlich –, denn wir übten uns in Selbstrettung: Auf der Terrasse prusikten wir uns also hinauf. Die nächste Trockenübung (obwohl es eine nasse Angelegenheit werden würde) führte uns zu einem Schneebecken. Zunächst übten wir uns in Kameradenrettung, dann schlitterten wir den Hang hinunter: auf dem Po, auf dem Rücken, auf dem Bauch. Und Eli im Salto. Daraufhin begaben wir uns ins richtige Gletschergelände. Ein Maulwurfsspiel folgte: Einem nach dem anderen wurde der Boden unter den Füßen weggezogen, und die Beine baumelten in den Gletscherspalten. Im White-out bahnten wir uns einen Weg durchs Gelände. An einer kurzen Nordwandpassage übten wir den T-Anker-Standplatz. Wir waren also super vorbereitet auf unsere erste richtige Nordwand.

Und das war auch der Plan für den nächsten und letzten Tag: Beim Frühstück gab es nun schon zum zweiten Mal kein Brot mehr. Aber wir ließen uns davon nicht entmutigen. Zwieback würde auch genügen. Und so starteten wir in die Dunkelheit Richtung Aiguille de Toule, unserer Nordwand. Es war gar nicht mal so einfach, im Dunkeln den richtigen Gipfel auszumachen, und auch die T-Anker unserer Stände entpuppten sich nicht immer als ganz vertrauenswürdig. Trotzdem kamen wir auch hier heil oben an. Am Gipfel erwartete uns eine romantische Morgenstimmung. Das gestrige schlechte Wetter war vollständig verschwunden. Perfekt für ein Teamfoto.

Zurück zur Hütte und ein letztes Mal die Höhe genießen, bevor es mit der Seilbahn hinunter ins Tal ging. Ein kurzer Stopp in Aosta sollte der Abschluss unserer Unternehmung sein und unseren Hunger stillen. Endlich wieder richtiges Brot – mit Dönerfleisch und Falafel darin, dazu eine Portion Pommes. Alle schmatzten zufrieden. Nochmals ein großer Dank an unsere Bergführer, wir freuen uns auf die nächste Aktion!

Lisa Kirsten

Mit freundlicher Unterstützung von unseren Hauptpartnern

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