„Hydrocephalus (V/TD/M5)“, Wasserkopf Nordwand, Riesenfernergruppe
Erstbegehung der "Airliner " © Peter Manhartsberger, Sabrina Ortner und Klaus Grössinger

Den Südtiroler Alpinisten Ulrich Viertler, Raffaele Sebastiani & Alexander Mayer gelang die Direttissima der Wasserkopf Nordwand durch eine Neue Route erstzubegehen. Mit “Hydrocephalus“, 650 Hm V, TD M5, begang das Trio eine der längsten und schwierigsten Routen im Eis und kombiniertem Gelände in Ihren Heimatbergen. Abgesichert wurde traditionell mit Schlaghaken und mobilen Sicherungsmitteln.

Erstbesteigung der Direttissima der Wasserkopf Nordwand

Ulrich Viertler, Raffaele Sebastiani & Alexander Mayer am 25. April 2013

 

Der Wasserkopf (3.135 m) befindet sich in der Riesenfernergruppe. Steigt man vom Rein in Taufers über das Gelltal in Richtung Riesenfernerhütte, so erhebt sich südöstlich die etwa 650 Meter hohe Nordwand des Wasserkopf, welche aufgrund ihrer optischen Ähnlichkeit zur berühmtesten aller Wände die „kleine Eigernordwand“ genannt wird.
Im August 1977 stiegen Hans Kammerlander und Werner Beikircher als erstes durch die knapp 700 Meter hohe Wasserkopf Nordwand. Im Eiskletterführer „Südtirol-Dolomiten“ stoßten wir erstmals auf deren Routenskizze im rechten Wandbereich und wir waren fortan besessen mit der Idee eine direkte neue Linie durch den zentralen Wandteil zu versuchen. Uns war jedoch bewusst, dass für eine Begehung dieser Art optimale Eisverhältnisse und Temperaturen vorherrschen müssen. Aufgrund der Felsqualität wäre sonst die Klettererei zu gefährlich. Jede Menge Schnee und Eis bescherte uns der Winter 2012, ideale Vorzeichen, und wir waren fest überzeugt dass wir dieses Abenteuer in Angriff nehmen wollen. Wir warten nur noch auf ein Schönwetterfenster und akzeptabler Lawinengefahr, um endlich hochzusteigen und uns die Wand mal genauer anzusehen. Am 25. April ist es endlich soweit. Der Himmel ist Sternenklar, sodass die Schneedecke richtig gut gefrieren kann und im Tal liegt kaum noch Schnee. Schwer beladen stapfen wir hoch zur Gelltaler Alm. Immer wieder jedoch brechen wir bis zur Hüfte im durchweichten Schnee ein, sodass keiner mehr so wirklich an unser Vorhaben glaubt.
Als wir endlich die Hochebene erreichen und die Wand erblicken, ändert sich unsere Motivation schlagartig. Wie ein Magnet zieht uns die gigantische Nordwand an. Mir kommt es wirklich so vor wie damals als wir unter der Eiger Nordwand standen.
Die Schneedecke ist nun besser durchgefroren und uns wird klar: die Bedingungen sind perfekt. Viel Eis durchzieht die Wand und sogar der untere felsige Teil sieht gut zum klettern aus. Wir deponieren unsere ganze Ausrüstung für ein Bivak am Einstieg (Schlafsack, Matte und Kocher), denn wir wollen schnell und leicht an einem Tag durch die Wand. Mit anspruchsvoller Mixedkletterei steigen wir über eine Rampe, welche von rechts nach links zieht, in die Wand ein. Von Beginn an ist volle Aufmerksamkeit gefragt. Schlecht abzusichernde Felsstellen wechseln sich mit steilen Firnfeldern ab. Es ist sehr schwierig vernünftige Sicherungen anzubringen. Gelegentlich ein Messerhacken und ab und zu ein kleiner Friend. Der Mittelteil der Wand stellt sich als Schlüsselstelle dar. Schwere Kletterpassagen bis zu M6 auf schlecht absicherbaren teils immer nicht so kompakten Granitplatten.
Seillänge um Seillänge steigen wir höher bis wir knappe hundert Meter unterhalb des Gipfels und über 10 Stunden Klettrerei auf die Kammerlander Route von 1977 treffen. Es dämmert bereits und wir sind mit den Kräften ziemlich am Ende. So beschliessen wir auf den Gipfel zu verzichten und direkt über die Ostrinne wieder abzusteigen. 2-mal Abseilen und etwas Schneegestapfe später erreichen wir überglücklich den Wandfuß. Hüfttief waten wir im aufgeweichten Frühlingsschnee im Licht unserer Stirnlampen talwärts und beginnen zu realisieren dass wir es geschafft haben.
Das Resultat: ’Hydrocephalus’ mit 650 Höhenmeter und über 1000 Klettermeter im Schwierigkeitsgrad TD V M5 eine Direttissima durch die Wasserkopf Nordwand. In Ihrer Art zählt diese mit Sicherheit zu einen der anspruchvollsten Routen in den Südtiroler Bergen und darüber hinaus.
Erstbegehung der "Airliner " © Peter Manhartsberger, Sabrina Ortner und Klaus Grössinger

Routeninformationen

Wasserkopf Nordwand (Rieserferner Alpen)

Allgemeine Anfahrt: Von Bruneck folgt man der Ahrntaler Staatsstraße bis Sand in Taufers, wo man dann nach Rein in Taufers abzweigt. 2 km vor der Ortschaft Rein parken (Parkplatz Rieserfernerhütte)

Zustieg: Dem Wanderweg Nr. 3 ins Gelltal folgen (in Richtung Riesenfernerhütte) bis zur Inneren Gelltaler Alm (2070m). Von hier weglos zum gut sichtbaren Wandfuß hochsteigen. Zeitbedarf 2-3 Stunden.

Routenverlauf: Der Einstieg befindet sich ca. 200 m rechts der markanten Einstiegsrampe der Route „Kammerlander-Beikircher“ am Fuße einer seichten Rampe die nach links führt (1 Haken + rote Bandschlinge). Über diese klettert man im M4 Gelände bis zu einem Standplatz (zwei Haken) an der rechten Seite einer Eisrinne. Quergang nach rechts (1 Haken) bis unter die gut ersichtliche senkrechte Wand. Von hier in M5 Gelände über schlecht abzusichernden Platten in leichter Rechtsschlaufe in markante – zentrale Eisrinne queren. Diese 3 Seillängen (ca. 50°- 60° steil) folgen, bis guter Standplatz vor felsigen Aufschwung. Eine Seillänge im Fels ca. M5 – M6 (Schlüsselseillänge!). Nun in 3 Seillängen über steile felsdurchsetzte Rampe nach links bis man einen großen Felsblock in markanter Schneerinne erreicht (hier gute Standplatzmöglichkeit). Dieser folgt man 3 bis 4 Seillängen bis man einen belassenen Standplatz an zwei Haken (weit rechts, wo die Route laut Skizzenverlauf eine Rechtsschlaufe macht) erreicht. Letzte Seillänge über felsigen Aufschwung bis man dann in Folge in das markante X im obersten Wandteil gelangt und auf die Route von Kammerlander & Beikircher trifft (M4,1 Haken). Diese dann weiter bis zum Gipfel (Details siehe Skizze).

Ausrüstung: 2- 3 kurze Eisschreiben, komplettes Sortiment an Friends und Klemmkeilen sowie ein kleines Hakensortiment.

Kletterzeit: 10-12 Stunden
Abstieg: Über den Normalweg (UIAA II) bis in die Scharte zwischen Wasserkopf und Morgenkofel.

Von dieser über den Gelltaler Gletscher zurück nach Rein
(Alternativ bei viel Schnee über die Ostrinne absteigen (2x Abseilen) und direkt zurück zum Einstieg

Anmerkung: Bei der Route handelt es sich um eine anspruchsvolle kombinierte hochalpine Route bei der Wiederholer über viel alpine Erfahrung verfügen sollten.