„Flugmodus (VI+)“, Santner Ostwand, Schlern
Erstbegehung der "Flugmodus" © Helmut Kostner und Lukas Erlacher

Helmut Kostner und Lukas Erlacher gelang im Sommer 2015 eine neue Tour auf den Santner. Die Wiederholer können sich auf eine abwechslungsreiche Kletterei an Kaminen, Rissen, Platten und Verschneidungen freuen.

Dritter Anlauf und Durchstieg
Wir freuen uns. Mein Wunsch, endlich einen Alternativweg zur klassischen „Wolf von Glanwell“ Führe auf den Santner zu eröffnen wurde Realität. Alternativlos wurde sie zu oft von Alpinisten für die Besteigung des Südtiroler Wahrzeichens gewählt.

Als Freund und langjähriger Seilgefährte ist der ewig motivierte Lukas Erlacher ein guter Genosse, am Stand und in der Wand. Ein Montag im Juni 2015. Der Nachmittag erwartet Regen. Wir kommen besser voran als erwartet und können die erwartete Schlüsselstelle in der 4. Seillänge knacken. Auch wenn ein „Scheiß drauf! Ich knall den Aufleger jetzt zu und…“ als zusätzliche Sicherung zum ernsten Blick herhalten müssen.
Das Nieseln, sowie das Abseilen beginnen. Glücklicher Rückzug ist angesagt. Die Stände halten was sie versprechen.
Ein Donnerstag Ende Juni. Es ist kalt, am Nachmittag besteht Schauergefahr. Die bestehenden Seillängen werden vertauscht geklettert und bewertet. Nichts stimmt. Moral und Einstellung können nicht abgerufen werden. Zu oft ist man in Gedanken bereits am Gipfel. Die Schicksalsgöttin erbarmt sich unser und durchtrennt mit einem losgelösten Stein meine beiden Halbseile. Gotteslästernd und dennoch erleichtert treten wir den Rückzug an und finden einen passablen Notausstieg, in die Santner Abseilroute.

Erster Sonntag im Juli. 05.00 Uhr früh. Konzentrierte Seilhandhabung, keine Kommandos nötig. Eine herrliche Verschneidung weiste den Weg auf den Vorgipfel des Santners. Geil. Der Durchstieg ist offen. Selbstherrlich wird der Rucksack geöffnet und bestaunt, als er sich mit den verbleibenden 8 Nägeln, den 2 Wasserflaschen, Handy und Autoschlüsseln scheppernd wie der Klingelton eines älteren Mobiltelefons Richtung Tal bewegt. Dieser verdammte Klapf, heroisch und glücklich wollte ich sein am Gipfel. Nun bin ich ein demütiger Schüler auf dem Vorgipfel eines stummen Meisters. Eine Besteigung ist halt zu Ende wenn sie zu Ende ist. Punkt. Und Konzentration der Inbegriff allen Handelns.

Somit liebe Leser, erklären sich auch die unauffindbaren Standplätze in den letzten 100 Höhenmetern, sowie der Name der Route „Flugmodus“.

Die Sinne wieder fokussiert wurden die verbleibenden 100 Hm in einer langen Seillänge zu Ende geklettert. Toll, dass wir zufällig Freunde am Gipfel vorfinden. Wasser und
Glückwünsche werden dankend angenommen. Nach dem Abstieg, Bier und Kaiserschmarrn in seiner reinsten Form am Schlernboden vertilgt. Nach der Dämmerung kam die Nacht und mit ihr paarten sich Genugtuung und Bergsteigerlatein.

Ps. Der Rucksack, die Wasserflaschen, ein Felsnagel sowie Mobiltelefon und Autoschlüssel wurden nach einer Woche Suche und drei weiteren Normalwegbesteigungen in der Wand verstreut gefunden. Luk´s Jacke wartet im zeitintensiven Gelände auf einen Besucher. Das Mobiltelefon konnte ohne Kratzer nach 6 Tagen von der Einstellung Flugmodus befreit und Freunde vom glücklichen Ausgang der Odyssee benachrichtigt werden.

Kostner Helmut

Erstbegehung der "Flugmodus" © Helmut Kostner und Lukas Erlacher

Routeninformationen

Erstbegeher:
Kostner Helmut und Erlacher Lukas am 05.07.2015

Höhe:
650 m

Kletterlänge:
700 m

Kletterzeit:
6-8 h

Schwierigkeit:
6+ eine SL, 2 SL 6-, der Rest zwischen 4 und 5+

Material:
NAA, 2 Halbseile zu 60 m, kompletter Satz Friends bis Gr. 3, Gr. 1 u. 2 doppelt, ev. Hammer und Haken

Charakter:
Abwechslungsreiche Kletterei an Kaminen, Rissen, Platten und Verschneidungen an überwiegend sehr gutem Fels, einige Stellen zu säubern

Übersicht:
Zuerst 2 SL der Glanwellführe, dann nach links Richtung tiefer Schlucht, Einstieg einige Meter rechts der Schlucht, durch die Rinne und quer über Platten nach links in die Schlucht, dann senkrechte Rissverschneidung. Die 4.te Seillänge nach einer Verschneidung zu Beginn über die Platten links klettern, oder durch die Rissverschneidung bei gleicher Schwierigkeit. Durch einen Kamin und über eine Schlucht zu Stand an Baum. Den breiten Kanal folgen, im Quergang Höhe zu halten, nicht abklettern. Weiter zu Absatz unter senkrechten Riss, diesem zwei SL folgen in leichteres Gelände. Nach links zum Grat des Vierzehners, von diesem Gipfel 50m abseilen, über ein Band Quergang Richtung Santnerspitze. Durch mehrere Rinnen nach links zur Scharte und über den Grat zum Gipfel oder wie die Erstbegeher über eine Rechtsschleife zum Gipfel.

Zustieg:
Von Seis mit dem Auto Richtung Bad Ratzes, kurz vor dem Hotel Bad Ratzes parken. Jetzt zu Fuß zur Schlernboden-Hütte, einige Meter oberhalb der Hütte beim Weg Richtung Gamssteig zweigt nach rechts ein Steig ab, welcher zum Santner-Einstieg führt. Dabei zwei Gräben überqueren und den Weg bis zu seinem Ende folgen. Kurz vor dem Santner-Köpfen befindet sich der Einstieg.

Abstieg:
Über die Santner-Abseilpiste 14 mal abseilen