„Grohmann-Hainz-Führe“, Großen Zinne, Sextener Dolomiten
Erstbegehung der "Grohmann-Hainz-Führe" © Christoph Hainz und Gerda Schwienbacher

Wieso sollte es nicht einen weiteren Normalweg auf die Große Zinne geben? Das fragte sich Christoph Hainz bereits des Öfteren. So suchte Christoph nach einer möglichen neuen Linie, die vielleicht etwas anspruchsvoller als der altgewohnte Normalweg wäre, jedoch mit guter Absicherung und in einem Schwierigkeitsbereich, der auch für den geübten Hobbybergsteiger noch gut machbar sein sollte…

Immer wieder, wenn ich in den Zinnen unterwegs war, schweiften meine Blicke durch die Wände. Ich erkundete die Große Zinne von allen Seiten und hielt Ausschau nach einer brauchbaren Linie, die sowohl von der Felsqualität, als auch von der Schwierigkeit her für mein Vorhaben passend wäre. Dabei hatte es mir besonders der Südpfeiler angetan. Öfters stieg ich ein und kletterte Teile im Alleingang, um zu erkunden, ob er mir das bieten konnte, was ich mir erhoffte, und ich wurde fündig. Beflügelt von der Begeisterung, eine durchgehende Route vom tiefsten Punkt am Südpfeiler bis auf den Gipfel der Großen Zinne zu ziehen, startete ich vergangenen Herbst das Unternehmen. Über Türme, Platten, Schluchten und Bänder eine schöne und sinnvolle Linie zu ziehen, reizte mich … und das alles noch dazu an der Sonnenseite der Großen Zinne! Wunderbar! Es sollte eine Tour zum Genussklettern werden.

Bei meinen Erkundungen und schließlich beim Eröffnen der Tour, stieß ich auf etliche alte Stände, und Haken, sowie einigen Abseilstellen, was bedeutete, dass der Bereich an der Südseite der Großen Zinne sicherlich kein reines Neuland ist. Hier waren überall schon Bergsteiger zugange gewesen, vielleicht mit Absicht, einige aber sicherlich aus Versehen. Kletterer, die sich in der Wand vertan hatten und sich nach einem brauchbaren Biwakplatz umsehen, oder sich irgendwie einen Weg nach unten bahnen mussten.

Ein Geschenk an die Große Zinne

Ende September des vergangenen Jahres – endlich – fuhr ich, in Begleitung meiner Lebensgefährtin Gerda und bestückt mit reichlich Material sowie mit Bohrer und Akkus ausgerüstet, in Richtung Drei Zinnen. Ungünstiger Weise war genau an jenem Tag die Straße zur Auronzohütte wegen eines Radrennens gesperrt. So blieb uns keine Wahl! Alles Material in die Rucksäcke gestopft machten wir uns auf den Weg. Angesichts der schweren Last auf dem Rücken, die wir nun von der Malga Rin Bianco hochschleppen mussten, hielt sich unsere Begeisterung über den verlängerten Fußmarsch in Grenzen … Aber mein Entschluss stand fest. Ich wollte die Route beginnen und im Herbst noch so weit als möglich voranbringen, denn schließlich wäre es doch passend, wenn sie zum Jubiläum „150 Jahre Erstbesteigung der Großen Zinne“ frisch und fein herausgeputzt fertiggestellt wäre, als mein Geschenk an die Große Zinne zum Jubiläum und an alle zinnenbegeisterten Kletterer.

Im Schnee vollendet

Nachdem wir im September und im Oktober die ersten 20 Seillängen erschlossen hatten, wussten wir es wird eine lange Tour … eine sehr lange Tour! Ich zweifelte, ob ich es schaffen würde, sie für den Sommer 2019 fertigzustellen. Dann bescherte uns der Herbst einen schier unendlich langen Altweibersommer, der sich bis Ende November hinzog und mir für mein Vorhaben, die Tour voranzubringen, sehr entgegen kam. Noch im November konnte ich den gesamten oberen Bereich im Alleingang eröffnen. Mit dem Winter kehrte an den Zinnen langsam Ruhe ein und die Wege und Wände blieben menschenleer. Diese Zeit nutzte ich, um einige unstabile, gefährliche Pfeiler und lose Blöcke zu entfernen und talwärts zu schicken. Das wäre im Herbst viel zu gefährlich gewesen. Die übrigen fehlenden Seillängen im Mittelteil erschloss ich ebenso im Alleingang, Ende Mai, Anfang Juni dieses Jahres. Es war viel zu winterlich und zu kalt für die Jahreszeit. Ich musste den unteren Teil der Route mit Steigeisen bewältigen. Ab dem ersten Band versank ich bis zum Bauch im Schnee. Nur noch mit Schneeschuhen war ein Vorankommen möglich. Untypisch für die Jahreszeit biss sich der viele Schnee hartnäckig im Gelände fest. Erst in der Nachmittagszeit konnte er sich nicht mehr halten und als ich beim Abstieg war, entlud der Berg die Schneelast immer wieder in Nassschneelawinen, denen ich lieber nicht in die Quere kommen wollte!


47 Seillängen, 1.050 Klettermeter

Nach vollendeter Arbeit war ich gespannt, endlich die einzelnen Seillängen zusammenhängend als Ganzes zu durchsteigen. Hatte sich die Mühe gelohnt?
Am 8. Juni 2019 kletterte ich sie mit Gerda in ca. sieben Stunden Rotpunkt. Beeindruckende 47 Seillängen , 1.050 Meter Kletterstrecke, eine gelungene Linie an einem einmaligen Berg im Herzen der Drei Zinnen.

Allen Wiederholern wünsche ich viel Spaß und Freude an der neuen Route! Berg Heil!

Christoph Hainz

Erstbegehung der "Grohmann-Hainz-Führe" © Christoph Hainz und Gerda Schwienbacher

Routeninformationen

 

Große Zinne Südpfeiler V- (oder IV A0)

Erstbegehung:
Christoph Hainz, Gerda Schwienbacher, Oktober und November 2018 sowie Juni 2019

Die ersten 20 SL eröffnete ich zusammen mit meiner Lebensgefährtin Gerda Schwienbacher von unten nach oben, die restlichen 25 SL ebenso von unten, aber im Alleingang.

1. Rotpunkt:
Christoph Hainz zusammen mit Gerda Schwienbacher am 08.06.2019

Schwierigkeit:
V- oder IV A0 (oblig. IV), 47 Seillängen, 1050m Kletterstrecke, 600Hm

Absicherung:
Klebehaken und Normalhaken,alle Standplätze sind mit Klebehaken oder Standketten versehen. Ein Standplatz ist an einer Sanduhr und ein weiterer an einem Felszacken zu finden.

Material:
12 Expressschlingen, einige Bandschlingen, Abseilgerät und einige Schraubkarabiner, sowie eine Prusikschlinge.

Zeit:
6–9 Stunden für eine klassische Seilschaft
Zustieg:
Von der Auronzo Hütte 25 min.
Abstieg:
Über den Normalweg 2,5 bis 3 Stunden
Charakter:
Sehr genussvolle Kletterei in meist recht gutem Fels über Zacken, Türme, Felsbänder und Schluchten.
Info:
In den ersten 20 Seillängen muss man insgesamt 3 mal abseilen:

Das heißt am 1.Turm 20m, am 2.Turm 25m und nochmal 10m. (ACHTUNG: wegen Steinschlaggefahr beim Seilabziehen empfiehlt es sich NICHT 30m abzuseilen und den Stand zu überspringen!), für den 10m-Abseiler benötigt man unbedingt einen Prusikknoten oder ein anderes Klemmgerät, da man sich an einem fixierten Seil ca. 4m auf die andere Wandseite ziehen muss. Nach der 20. Seillänge (der Pyramide) seilt man noch einmal 20m ab und erreicht zugleich den Normalweg, über den man weiter abseilen oder absteigen kann. Es besteht auch die Möglichkeit nach links zur Westlichen Zinne zu queren und dort abzusteigen. Für den weiteren Aufstieg klettert man nun an dem Turm rechts vorbei und erreicht nach 2 Seillängen wiederum den Normalweg. Hier klettert man ca. 15m nach rechts leicht abwärts, von wo aus die Route nun immer rechts vom Normalweg verläuft. Weiter oben gibt es nochmals 2 Bänder, welche die Möglichkeit bieten, nach links zum Normalweg zu queren und abzusteigen.

Nach der 34. SL quert die Route nach rechts in die Ostwand. Am Stand nach der 2. Schlüsselstelle (38 SL) kommt man mit einer 5m Querung nach links auch zum Normalweg. Nach der Schlüsselseillänge quert die Tour erneut nach rechts. Nun erreicht man das große Felsband, Comici-Band (auch hier kann man problemlos nach links den Normalweg erreichen und absteigen, es gibt hier auch Möglichkeit zum Biwakieren). Schnurgerade weiter erreicht man die Gipfelwand und in einer rechts-links Schlaufe nach oben eine Terrasse. Weiter geht es durch einen kleinen Kamin und schließlich an der rechten Seite des Grades, geht es Richtung Gipfel.

Eine Persönliche Empfehlung. Wenn man die komplette Route klettert, sollte man den Abstieg schon mal gemacht haben, da bei Dämmerung oder in der Nacht der Abstieg schwer zu finden ist. In der Route gibt es mehrere Biwak-Möglichkeiten.

Weitere Informationen: www.christoph-hainz.com