Auf den Pisten gelten neue Regeln © pixabay

Seit 1. Jänner 2022 gelten die Bestimmungen des gesetzesvertretenden Dekrets vom 28. Februar 2021, Nr. 40. Ziel dieser Reform ist die Erhöhung der Sicherheit bei der Ausübung von Wintersportarten. Auch wenn das Gesetz aus dem Jahr 2003 in vielen Teilen bestätigt und lediglich präzisiert wird, gibt es dennoch wichtige Neuerungen für jene, die für die Pisten verantwortlich sind und sie benutzen.

von Stefan Schwitzer und Elias Beltrami (Bergeerleben 5/2022)

Die bestehenden Informationspflichten der Pistenbetreibenden wurden ausgedehnt. Gut sichtbare Schilder und Tafeln sollen über Verhaltensregeln, atypische Gefahren sowie den aktuellen Lawinenlagebericht informieren. Den Wintersportlerinnen und -sportlern soll damit erleichtert bzw. ermöglicht werden, freie und selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig macht der Gesetzgeber konkrete Verhaltensvorgaben für die Pistenbenutzer:innen. Diese werden beispielsweise verpflichtet, ein vorsichtiges und sorgfältiges Verhalten an den Tag zu legen. Im Vergleich zur vorherigen Regelung präzisiert der Gesetzgeber diesen Verhaltensbegriff und nimmt dabei Bezug auf die Fähigkeiten des Einzelnen, die Beschilderung vor Ort sowie die Pisten- und Witterungsvoraussetzungen. Die genannten Neuerungen sind ein Appell an die Eigenverantwortung.

Helmpflicht ausgeweitet 

Eine weitere Änderung betrifft die Helmpflicht auf Skipisten und Rodelbahnen. Die bisher bestehende Helmpflicht für Kinder bis 14 Jahren wird auf Jugendliche bis zum Erreichen des Erwachsenenalters und auf Menschen mit Behinderungen ausgedehnt (Art. 17 und 38). Selbstverständlich gilt hierbei, dass die Helme den geltenden Zertifizierungsvorgaben entsprechen müssen.

Es braucht eine Haftpflichtversicherung  

Des Weiteren müssen seit 1. Januar 2022 alle, die auf einer Piste unterwegs sind, eine private Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben. Die Betreiber von Skigebieten – Langlaufloipen ausgenommen – sind beim Verkauf des Skipasses verpflichtet, den Abschluss einer solchen Versicherung anzubieten (Art. 30). Ziel der Einführung einer solchen obligatorischen Haftpflichtversicherung ist es, bei Unfällen mit Drittverschulden den Ersatz des für das Unfallopfer entstandenen Schadens zu erleichtern. 

Alkohollimits wie im Straßenverkehr 

Neu ist außerdem das Verbot, Skipisten in einem aufgrund alkoholischer Getränke oder toxikologischer Substanzen hervorgerufenen Rauschzustand zu benutzen. Zur Bestimmung der Alkoholhöchstwerte verweist Art. 31 G.v.D. auf die im Straßenverkehr geltende Regelung. Folglich wird der zulässige Höchstwert mit 0,5 Promille bestimmt. 

Anders als im Straßenverkehr ist die Überschreitung von 0,8 Promille jedoch nicht strafrechtlich relevant. Somit hat auch ein grober Verstoß gegen das Alkoholverbot auf der Piste „nur“ verwaltungsrechtliche Konsequenzen. 

Lawinenausrüstung ist Pflicht 

Was hingegen sportliche Aktivitäten außerhalb der präparierten Piste und im verschneiten Gelände anbelangt, wird die Pflicht des Mitführens einer Lawinenausrüstung, die bisher nur auf Skitouren galt, auch auf Schneeschuhwanderungen und andere Aktivitäten im Schnee ausgedehnt (Art. 26). Diese Pflicht gilt jedoch nur beim Bestehen eines Lawinenrisikos. Im Unterschied zur vorherigen Regelung muss dieses Risiko aber nicht mehr offensichtlich sein. Wann genau dies allerdings zutrifft, ist nicht weiter konkretisiert und lässt somit weiterhin Spielraum für Interpretationen und entsprechend Rechtsunsicherheit offen. 

Menschen mit Beeinträchtigung 

Abschließend gilt darauf hinzuweisen, dass mit der Reform Bestimmungen zur Ausübung sportlicher Aktivitäten im Winter seitens Menschen mit Behinderung eingeführt worden sind (Art. 34 ff.). Unter Berücksichtigung der besonderen Situation, in der sich diese Menschen befinden, werden einige wichtige Aspekte hierzu geregelt. So muss eine Person, der es aufgrund ihres Zustandes nicht möglich ist, selbstständig und sicher skizufahren, von einem Begleiter bzw. einer Begleiterin betreut werden (Art. 35). 

 

Die Autoren dieses Beitrages sind Mitarbeiter des interdisziplinären Euregio-Forschungsprojekts „Naturgefahr Berg: Risikomanagement und Verantwortung“ am Institut für Italienisches Recht der Universität Innsbruck.
Projektpartner sind die Universität Innsbruck/Institut für Italienisches Recht (Leadpartner), EURAC Research Bozen, die Freie Universität Bozen, die Universität Trient sowie der Österreichische Alpenverein (ÖAV), der Alpenverein Südtirol (AVS), das Amt für Geologie und Materialprüfung der Autonomen Provinz Bozen, die Geologenkammer Trentino-Südtirol, die interregionale Lawinenagentur AINEVA, die Agentur für Bevölkerungsschutz der Autonomen Provinz Bozen, der Club Alpino Italiano (CAI), der Club Alpino Italiano – Gruppo Regionale Alto Adige und die Società degli Alpinisti Tridentini (SAT).
Das Projekt ist finanziert über „Research Südtirol/Alto Adige 2019“, Autonome Provinz Bozen-Südtirol – Abteilung Innovation, Forschung, Universität und Museen.
Weitere Informationen zum Projekt

Beiträge rund ums AVS-Magazin „Berge erleben“